Hormone im Acker: Östrogene aus der Pille sind abbauresistent
In den letzten Jahren beobachteten Forscher zunehmend Missbildungen an Fortpflanzungsorganen von Wasserlebewesen wie Fischen. Als Verursacher unter Verdacht gerieten Hormone, die in Dung, Mist, Klärschlamm und Gülle auf Äcker und von dort aus ins Grundwasser gelangen.
Ihren Transport und Abbau im Boden hat Dr. Britta Stumpe (Geographisches Institut der RUB) untersucht und festgestellt: Besonders Östrogene sind hartnäckig und werden nicht abgebaut. Für ihre Dissertation (Betreuer: Prof. Dr. Bernd Marschner) wurde sie beim Semesterkonzert der RUB mit dem Ruth-Massenberg-Preis ausgezeichnet.
Mit dem Dünger aufs Feld
Die hohe Konzentration an hormonell wirksamen Substanzen in der Umwelt könnte dafür verantwortlich sein, dass bei Fischen und anderen Wassertieren Missbildungen an den Fortpflanzungsorganen auftreten, die zu sinkender Fruchtbarkeit führen. Ausbreitung, Konzentrationen, Zusammensetzung und Verhalten von Hormonen in der Umwelt haben daher immer mehr Aufmerksamkeit gewonnen. Hormone erreichen beispielsweise über tierische Exkremente landwirtschaftliche Felder und damit den Boden, d.h. die Umwelt. „Das übergeordnete Ziel meiner Arbeit war daher, das Verhalten sowohl natürlicher als auch synthetischer Sexualhormone – Östrogene und Testosteron – im System Boden zu untersuchen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob Ackerböden eine bedeutende Rolle beim Transport und Verbleib der Hormone in der Umwelt spielen“, erklärt Dr. Stumpe.
Versuche im Isotopenlabor
Für ihre Arbeit „Mineralization and sorption of the steroid hormones 17b-estradiol, estrone, 17a-ethinylestradiol and testosterone in natural and organic waste amended agricultural soils“ analysierte sie in Laborversuchen im Zentralen Isotopenlabor der RUB das Abbau-, Sorptions und Transportverhalten verschiedener hormoneller Verbindungen in 18 verschiedenen, mit organischen Düngemitteln versetzten Ackerböden. „Es hat sich gezeigt, dass das männliche Sexualhormon Testosteron im Boden schnell Abbauprozessen unterliegt, während die Östrogene als weibliche Sexualhormone stabile Verbindungen im Boden darstellen“, fasst sie ihre Ergebnisse zusammen. Insbesondere das synthetische Östrogen Ethinylöstradiol, der Hauptbestandteil der Antibabypille, hat sich als besonders abbauresistent erwiesen. Zudem haben die Laborversuche gezeigt, dass insbesondere die Östrogene sich im Boden vertikal verlagern, d.h. in die Tiefe eindringen können. „Dadurch sind sie eine Gefahren für Grund- und Oberflächengewässer und sollten in ökologischen Risikoanalysen Beachtung finden“, folgert die Geographin.
Weitere Informationen
Dr. Britta Stumpe, Geographisches Institut der RUB, Bodenkunde/Bodenökologie, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-28598, E-Mail: britta.stumpe@rub.de, Internet: http://www.geographie.ruhr-uni-bochum.de/
Redaktion: Meike Drießen
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