Humusbeobachtung aus dem All: Ein gewaltiger Einblick in die Menschheit

Satellitenbild zeigt Humusveränderungen und Überwachung der Bodenfruchtbarkeit

Foto: Bodendaten aus dem Satellitenbild. Urheberrecht: Thünen-Institut/Tom Brög

Der Humusgehalt von Böden ist einer der wichtigsten Indikatoren für die Bodenfruchtbarkeit. Die Erfassung von Humusveränderungen durch Bodenproben ist jedoch sehr zeitaufwendig und kostenintensiv. Eine neue Methode ermöglicht die direkte Beobachtung von Humusveränderungen mithilfe von Satellitenbildern

Der Humusvorrat landwirtschaftlicher Böden in Deutschland nimmt ab und bedroht damit die Bodenfruchtbarkeit und eine nachhaltige Landwirtschaft. Forschern des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft ist es gelungen, eine bahnbrechende Methode zu entwickeln, um Veränderungen im Humusgehalt aus dem All sichtbar zu machen. Diese Pionierstudie nutzte Daten des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (LfL), die über mehrere Jahre an 100 Ackerstandorten in Bayern erhoben wurden.

Das Team nutzte Satellitenbilder, um subtile Veränderungen in der Bodenfarbe zu erkennen, da humusreiche Böden dunkler erscheinen. Die Isolation dieser Signale erforderte jedoch fortschrittliche Filtertechniken, um Störungen wie Vegetationsbedeckung und Bodenfeuchtigkeit auszuschließen. Dieser aufwändige Prozess wurde von Tom Brög, einem Wissenschaftler der Fernerkundungsgruppe am Thünen-Institut, geleitet.

Durch den Vergleich von Satellitendaten mit bodengestützten Beobachtungen konnten die Forscher mit bemerkenswerter Präzision Felder identifizieren, auf denen der Humusgehalt zunimmt oder abnimmt. Während diese Methode hervorragend geeignet ist, um Trends über längere Zeiträume – mehrere Jahre bis Jahrzehnte – zu erkennen, kann sie derzeit noch keine exakten Raten des Humusauf- oder -abbaus liefern.

Werkzeug für Carbon Farming

Die bahnbrechende Methode der Forscher am Thünen-Institut hat weitreichende Auswirkungen über die Bodenfruchtbarkeit hinaus. Sie bietet eine entscheidende Grundlage für Carbon Farming, einen innovativen Ansatz zum Klimaschutz. Mit dieser Technologie können Landwirte nicht nur die Bodengesundheit verbessern, sondern auch zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen und gleichzeitig finanzielle Vorteile erzielen.

Carbon Farming zielt darauf ab, den Klimawandel zu mildern, indem Praktiken gefördert werden, die den Humusgehalt in Böden erhöhen und dadurch Kohlenstoff binden. Um diesen Ansatz umsetzbar zu machen, ist es entscheidend, die Reduktion von Treibhausgasemissionen durch Humusaufbau zu quantifizieren und zu verifizieren. Der Europäische Rat hat kürzlich eine Verordnung genehmigt, die die Erstellung von CO₂-Zertifikaten für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt ermöglicht. Diese Zertifikate bieten Landwirten finanzielle Anreize für die Umsetzung von Praktiken, die Humus aufbauen oder bodenbedingte Treibhausgasemissionen senken.

Damit diese Zertifikate in Klimaschutzmaßnahmen glaubwürdig bleiben, ist eine unabhängige Verifizierung von Humusveränderungen unerlässlich. Die satellitengestützte Methode des Thünen-Instituts bietet hierfür eine zuverlässige Lösung. Hochauflösende Satellitenbilder, die zunehmend für Böden weltweit verfügbar sind, ermöglichen präzise und unabhängige Bewertungen der Humusbildung. Dies gewährleistet, dass Behauptungen über Kohlenstoffbindung und Treibhausgasreduktionen transparent und vertrauenswürdig sind.

Humus für Bodengesundheit und Klima

Humus spielt eine zentrale Rolle bei der Stabilität von Böden und unterstützt das komplexe Ökosystem des Lebens unter der Oberfläche. Über seine landwirtschaftliche Bedeutung hinaus ist Humus ein entscheidender Faktor für die Klimaregulierung. Der Verlust von Humus trägt zur Freisetzung von Kohlendioxid bei und verschärft so den Klimawandel. Umgekehrt kann eine Erhöhung des Humusgehalts in Böden helfen, Kohlenstoff zu binden und so eine natürliche Lösung zur Minderung von Treibhausgasemissionen bieten.

Die Fähigkeit von Böden, Humus zu verlieren oder aufzubauen, hängt von mehreren Faktoren ab, darunter Bodenbewirtschaftungspraktiken, historische Landnutzung und Klimabedingungen. Schlechte Bodenbewirtschaftung kann zum Abbau von Humus führen, während nachhaltige Praktiken dessen Aufbau fördern können. Auch Klimafaktoren wie Temperatur und Niederschlag beeinflussen die Humusdynamik erheblich.

Die Erfassung dieser Veränderungen stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Innerhalb eines Feldes kann der Humusgehalt aufgrund der natürlichen Heterogenität von Böden stark variieren. Darüber hinaus sind Veränderungen im Humusvorrat oft minimal und werden typischerweise erst an der zweiten Dezimalstelle sichtbar – selbst nach mehreren Jahren. Herkömmliche Methoden wie wiederholte Bodenprobenahmen sind daher zeitaufwendig und ungenau, um Humusdynamiken zu überwachen.

Die Zukunft der Boden- und Klimagesundheit aus dem All

Die innovative Nutzung von Satellitenbildern zur Überwachung des Humusgehalts markiert einen transformativen Schritt in der Bodenwissenschaft und im Klimaschutz. Durch die präzise, großflächige Beobachtung von Humusveränderungen haben die Forscher des Thünen-Instituts eine kosteneffiziente und effektive Methode zur Überwachung der Bodengesundheit entwickelt.

Mit der Weiterentwicklung der Satellitentechnologie bietet diese Methode eine skalierbare Lösung zur weltweiten Überwachung der Bodengesundheit. Durch die Verbindung von Raumfahrttechnologie und nachhaltigem Landmanagement ebnet diese Innovation den Weg für eine widerstandsfähigere und klimabewusstere landwirtschaftliche Zukunft.

Pressemitteilung
Humusbeobachtung aus dem All

Originalpublikation
Broeg, T., Don, A., Wiesmeier, M., Scholten, T., & Erasmi, S. (2024)
Journal: Global Change Biology
Titel des Artikels: Spatiotemporal Monitoring of Cropland Soil Organic Carbon Changes From Space
Veröffentlichungsdatum: 09.12.2024
DOI: https://doi.org/10.1111/gcb.17608

Kontakt
Dr. Stefan Erasmi (Projektleiter)
Thünen-Institut für Betriebswirtschaft, Braunschweig
Telefon: +49 531 2570 2052
E-Mail: stefan.erasmi@thuenen.de

Weitere Informationen
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Pressesprecherin
Nadine Kraft
Thünen-Institut
Bundesallee 50
38116 Braunschweig
Telefon: 0531 25 70 18 65
Mobil: 0151 15 29 08 50
E-Mail: nadine.kraft@thuenen.de
Web: www.thuenen.de

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