Qualitätsstandards – eine Chance für die Fleischindustrie
In einer hochinteressanten Veranstaltung, moderiert von Dietrich Holler, Chefredakteur der Fachzeitung Ernährungsdienst, diskutierten Fachexperten aus der Wissenschaft und Praxis über die Bedeutung der Qualitätsstandards. Kaum ein Industriezweig ist so störanfällig wie die Fleischindustrie.
Lebensmittelskandale, ein geringes Vertrauen der Verbraucher wie auch von Nichtregierungsorganisationen initiierte Kampagnen verstehen es, in regelmäßigen Abständen diesen Wirtschaftszweig zu erschüttern. In einer von Professor Achim Spiller (Georg-August-Universität Göttingen) präsentierten Studie wurde dieses Vertrauensdefizit mehr als deutlich. Helmut Ehlen, Vorsitzender des Zentralverbandes der Deutschen Schweineproduktion und DLG-Vizepräsident, sieht selbstkritisch auch eine Teilschuld in der Landwirtschaft selbst: „Wir müssen uns eingestehen es verpasst zu haben, einen offenen Dialog mit dem Verbraucher und der Gesellschaft zu führen.“
„Der deutsche Verbraucher erwartet bedingungslos beste Qualität wie auch tiergerechte Haltung“, bilanzierte auch Ministerialrat Dr. German Jeub vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) anhand eigener durchgeführter Studien. Die Lösung könnte laut Dr. Hermann-Josef Nienhoff von der Qualität und Sicherheit GmbH in den Qualitätsstandards selbst liegen: „Das Qualität und Sicherheitssystem mit seinem über 100.000 Systempartnern schafft stufenübergreifend Vertrauen durch eine Standardisierung entlang der Produktionskette, vom Produzenten bis zum Verkauf, und das europaweit.“ Vertrauen, das die Fleischwirtschaft dringend benötig. Die B+C Tönnies GmbH & Co KG, in Vertretung von Dr. Wilhelm Jäger, ist eines dieser Unternehmen, welches mit Qualitätsstandards beste Erfahrungen machte: „Qualitätsstandards sind für uns eine Chance für die laufende interne Revision. Es gibt global keinen Abfallmarkt. Ein jeder verlangt beste Qualität, dazu zählt mittlerweile auch jedes Schwellenland.“
Wohin führ nun der Weg für die deutschen Fleischproduzenten und Landwirte in Zeiten, in denen die Finanzkrise auch vor der Fleischindustrie nicht halt zu machen scheint? Denn wie die Besucher dieser wissenschaftlichen Veranstaltung von Dr. Alexej Lissitsa (Vorsitzender des Agrarausschusses des ukrainischen Parlaments) erfahren mussten, wird die Ukraine auf Grund der Finanzkrise für 2009 ein Importverbot verhängen, eigene Anbauflächen reduzieren und die Anhebung der eigenen Qualitätsstandards an das europäische Niveau verschieben. „Warum die Standards anheben, wenn sie kaum ein Landwirt in der Ukraine in diesen finanziell schwierigen Zeiten erfüllen könnte?“, hinterfragte Dr. Alexej Lissitsa so manchen leicht schockierten Besucher.
Professor Alfons Balmann, geschäftsführender Direktor des Leibniz-Institutes für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO), blickt diesbezüglich optimistisch der Zukunft entgegen. „Für Deutschland ist durchaus noch Potential innerhalb der Wertschöpfungsketten vorhanden. Besseres Management einhergehend mit großen Tierbeständen schafft sinkende Kosten und erhöht die Leistung und damit die Grundlage für beste Qualität. Qualitätsstandards sind eher eine Chance als ein Druckmittel für die Industrie anzusehen, insbesondere, wenn man den Anspruch auf Export wahren will.“
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