Aachener Verfahren revolutionieren die Kanalsanierung
„Inzwischen kann sich jeder Immobilienbesitzer eine Kanalsanierung oder -erneuerung leisten.“ Dr.-Ing. Joachim Beyert vom Institut für Baumaschinen und Baubetrieb (ibb) der RWTH Aachen weiß wovon er spricht.
Das ibb hat als einziges deutsches Hochschulinstitut in den letzten 25 Jahren zahlreiche Verfahren zur kostengünstigen Sanierung von Kanälen und Hausanschlüssen entwickelt und über Firmenausgründungen in die Praxis überführt. Den zahlreichen Innovationen ist eins gemeinsam: Es werden keine Gräben aufgeworfen, keine Vorgärten umgegraben, keine Erdschollen bewegt – die Kanalsanierung nach Aachener Muster geschieht unterirdisch. Damit ist sie preiswerter und sauberer als herkömmliche Verfahren.
„Als vor über zwei Jahrzehnten der vielfach erneuerungsbedürftige Zustand der Abwasserkanäle in den Blick der Forschung geriet, begannen wir mit namhaften Firmen Methoden der Überprüfung und Sanierung zu entwickeln“, erinnert sich Dr. Beyert. Als Microtunneling bezeichnet man heute die Bohrtechnik, mit der damals begonnen wurde, Abwasserkanäle und Hausanschlüssen unterirdisch zu verlegen. Heute ist man dabei bei großen Querschnitten angelangt, wie sie zum Beispiel beim Umbau des Emschersystems von einem offenen Abwassersammler zu einem unterirdischen Abwassersystem benötigt werden.
Oft sind die Rohrleitungen aber noch intakt, nur die Rohrverbindungen defekt, sodass Abwasser austritt oder Grundwasser eintritt. Auch für diesen Fall haben die Aachener Bauingenieure ein Patentrezept entwickelt: Im Rahmen eines Projekts des NRW-Umweltministeriums entstand eine Methode, bei der die undichten Stellen mittels eines mineralischen Mörtels abgedichtet werden. Die Sanierung kommunaler Abwassernetze gestaltet sich damit erheblich preisgünstiger. Wenn zum Beispiel beim Kölner Kanalnetz mit einer Länge von 2.300 Kilometern alte Leitungen statt kostspielig erneuert, auf diese Weise kostengünstig repariert würden, lassen sich leicht Millionenbeträge einsparen.
Um wesentlich kleinere Größenordnungen geht es, wenn Hausanschlüsse defekt sind, hier aber trifft es den Eigentümer direkt. Statt einer neuen Rohrleitung können so genannte Schlauchliner eingebracht werden. Dabei handelt es sich um flexible Faserverbundleitungen, die die vorhandene Kanalisation auskleiden. Beim Schlauchrelining wird ein mit Kunstharz getränkter Faserschlauch in den Hausanschluss eingebracht und mit Druckluft bis zum Kanal vorgetrieben. Dann wird das Kunstharz ausgehärtet. Nur bei sorgfältiger Ausführung vor Ort erfüllt das Rohr im Rohr die entsprechenden Qualitätsanforderungen. Die Kosten liegen bei rund 250 bis 300 Euro pro Meter plus Baustelleneinrichtungskosten.
Kostengünstiger ist das jüngste Verfahren des Instituts für Baumaschinen und Baubetrieb. Hier wird ein vorgefertigtes, flexibles Kunststoffrohr mit 140 Millimeter Außendurchmesser, das damit in die herkömmlichen Abflussleitungen der Hausanschlüsse passt, eingebaut. Mit Hilfe einer Erdrakete – einem zylindrischen Stahlkörper mit Schlaghammer an der Spitze – wird das Kunststoffrohr vom Revisionsschacht bis zum Kanal vorgetrieben. Dieses Verfahren erweist sich als noch sicherer, zeitsparender und praktischer. Abhängig von der Länge des Hausanschlusses liegt der Finanzaufwand für diese Kanalsanierung bei 150 bis 200 Euro pro Meter plus Baustelleneinrichtungskosten. Im Eifeldorf Lammerdorf werden vom ibb derzeit 400 Grundstücksentwässerungsanlagen und die dazugehörigen Kanäle in einem ersten Schritt untersucht mit dem Ziel, im kommenden Jahr die erforderlichen Sanierungen mit diesen neuentwickelten Verfahren vorzunehmen. „Unsere Forschung verfügt insofern über einen extrem hohen Praxisbezug mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt und den Geldbeutel der Betroffenen“, fasst Dr.-Ing. Joachim Beyert zusammen.
Toni Wimmer
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Dr.-Ing. Joachim Beyert, Akademischer Direktor
Lehrstuhl für Baumaschinen und Baubetrieb (Ibb) der RWTH Aachen
Mies-van-der-Rohe-Straße 1
52074 Aachen
Tel.: 0241/80-251-46 oder -40
Fax: 0241/80-22290
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