Fassadenelemente als Wärmequelle für Wärmepumpen
Wärmepumpen erleben als Heiztechnologie derzeit einen Boom, doch nicht auf jedem Grundstück ist Platz für die Außenlufteinheit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Neuartige solarthermische Fassadenelemente sind hierfür eine geräuschlose, architektonisch gestaltbare und platzsparende Alternative.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE entwickelt und testet sie im aktuellen Projekt TABSOLAR III gemeinsam mit Industriepartnern. Auf der Messe BAU (17.- 22. April, Messe München) präsentiert das Fraunhofer ISE einen Demonstrator mit TABSOLAR®-Elementen.
TABSOLAR®-Elemente sind neuartige solarthermische Komponenten aus Ultrahochleistungsbeton (UHPC), die als verglaste oder unverglaste Fassadenbekleidungselemente architektonisch gestaltet werden können. Die Elemente sind von Kanälen durchzogen, durch die ein Solarfluid fließt, welches die Wärme durch Sonneneinstrahlung oder aus der Umgebung aufnimmt. Über einen Wärmetauscher wird diese an den Wärmepumpenkreislauf abgegeben. Das Design der Kanalstrukturen beruht auf dem vom Fraunhofer ISE entwickelten bionischen FracTherm®-Verfahren (mehrfach verzweigte, »fraktale« Strukturen, wie zu Beispiel bei Blutbahnen oder in Blättern). Mit diesem Verfahren können nahezu beliebige Formen mit einem gleichmäßig durchströmten Kanalnetzwerk versehen werden.
Gleichzeitig haben sie den technischen Vorteil, dass sie zu einer gleichmäßigen Durchströmung bei geringem Energieaufwand für die Pumpe führen. Gefertigt werden die Elemente aus Ultrahochleistungsbeton mit Hilfe eines innovativen Membran-Vakuumtiefziehverfahrens, das im Rahmen des Forschungsprojekts TABSOLAR III mit zahlreichen Industrie- und Forschungspartnern weiterentwickelt wird.
Als Niedertemperatur-Wärmequellen für Wärmepumpen können die durchströmbaren Fassadenelemente eine geräuschlose, optisch ansprechende Alternative zu Außenluft-einheiten von Luft-Wasser-Wärmepumpen darstellen.
»Unseren Simulationen zufolge können die verfügbaren Fassadenflächen bei Neubauten oder sanierten Bestandsgebäuden für diesen Zweck ausreichen«, erklärt Dr.-Ing. Michael Hermann, Koordinator des Verbundforschungsprojekts TABSOLAR III und Projektleiter am Fraunhofer ISE.
Die unverglaste Variante (Produktfamilie TABSOLAR® Design) ist als Wärmepumpen-Quelle, für die Trinkwarmwasservorerwärmung oder für Schwimmbäder vorgesehen und kann ähnlich wie marktverfügbare Fassadenelementen aus UHPC durch Strukturierung und/oder Farbe gestaltet werden. Die verglasten und mit spektralselektiven Schichten versehenen Elemente der Produktfamilie TABSOLAR® Premium sind ähnlich wie klassische Solarthermie-Kollektoren für die Trinkwassererwärmung und die Heizungsunterstützung vorgesehen, da sie höhere Temperaturen erreichen.
Die vorgefertigten Fassadenelemente werden derzeit für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) entwickelt, sind perspektivisch jedoch auch in Wärmedämmverbund-systemen oder Sandwichwandaufbauten vorstellbar. Im Gebäudeinnern sollen die Elemente in der Produktfamilie TABSOLAR® Heat & Cool als thermoaktive Bauteilsysteme (TABS), auch in Ergänzung mit einer klassischen Betonkernaktivierung, für die Heizung oder Kühlung zum Einsatz kommen.
Umfassender Ansatz
Im Projekt TABSOLAR III wird der Einsatz der neuen Fassadenelemente von der Vorplanung über Planung, Fertigung und Montage bis zum Betrieb unter Einbeziehung der beteiligten Gewerke getestet.
»Das ganze Projekt wurde von Beginn an interdisziplinär gedacht, wir haben die integrierte Solartechnik und die Baubranche zusammengebracht, um gemeinsam eine innovative, architektonisch attraktive Baulösung für die Energiewende zu entwickeln«, erklärt Projektleiter Hermann. Dazu gehören auch neue Software-Werkzeuge für die Planungsphase: eine Augmented-Reality-App zur Vor-Ort-Visualisierung von TABSO-LAR®-Fassaden sowie ein Webkonfigurator für deren weitere Auslegung. Auch die Einbindung in BIM-Projekte (Building Information Modeling) soll ermöglicht werden. Die Gesamtlösung soll im nächsten Schritt in einer Demonstrationsfassade einem Praxistest und Monitoring unterzogen werden.
TABSOLAR III wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert und knüpft am die vorangegangenen BMWi-Projekte TABSOLAR und TAB-SOLAR II an. Das Projekt wird vom Fraunhofer ISE koordiniert, außerdem sind die Firmen G.tecz Engineering GmbH, Wendt Maschinenbau GmbH & Co. KG, Priedemann Fassadenberatung GmbH, CAS Software AG, GiB – Gesellschaft für innovative Bautechnologie mbH, TruPhysics GmbH als Verbundprojektpartner, die Lindner Group KG und die Hans Berg GmbH & Co. KG als assoziierte Partner und die Betonfertigteile Spürgin GmbH & Co. KG und MV automatic GmbH & Co. KG sowie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Unterauftragnehmer beteiligt.
Auf der Messe BAU (17.- 22. April, Messe München), der Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme, präsentiert das Fraunhofer ISE in Halle C2, Stand 528, einen Demonstrator als vorgehängte hinterlüftete Fassade mit zwei hydraulisch verbundenen TABSOLAR®-Design-Mustern. Weitere Handmuster zeigen die Möglichkeit der Oberflächenstrukturierung und einen Schnitt durch die Kanäle.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Michael Hermann: michael.hermann@ise.fraunhofer.de
Weitere Informationen:
https://tabsolar.de/ Webseite des Projekts TABSOLAR
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Architektur Bauwesen
Die zukunftsorientierte Gestaltung unseres Wohn- und Lebensraumes erhält eine immer größer werdende Bedeutung. Die weltweite Forschung in den Bereichen Architektur und Bauingenieurwesen leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.
Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Nachhaltiges Bauen, innovative Baumaterialien, Bautenschutz, Geotechnik, Gebäudetechnik, Städtebau, Denkmalschutz, Bausoftware und Künstliche Intelligenz im Bauwesen.
Neueste Beiträge
Ist der Abrieb von Offshore-Windfarmen schädlich für Miesmuscheln?
Rotorblätter von Offshore-Windparkanlagen unterliegen nach mehrjährigem Betrieb unter rauen Wetterbedingungen einer Degradation und Oberflächenerosion, was zu erheblichen Partikelemissionen in die Umwelt führt. Ein Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts hat jetzt…
Per Tierwohl-Tracker auf der Spur von Krankheiten und Katastrophen
DBU-Förderung für Münchner Startup Talos… Aus dem Verhalten der Tiere können Menschen vieles lernen – um diese Daten optimal auslesen zu können, hat das Münchner Startup Talos GmbH wenige Zentimeter…
Mit Wearables die Gesundheit immer im Blick
Wearables wie Smartwatches oder Sensorringe sind bereits fester Bestandteil unseres Alltags und beliebte Geschenke zu Weihnachten. Sie tracken unseren Puls, unsere Schrittzahl oder auch unseren Schlafrhythmus. Auf welche Weise können…