Ton-Häuser auf dem Mars?
TU-Wissenschaftler*innen untersuchen Tonmineralien, die auf dem Roten Planeten vorkommen.
Am 18. Februar 2021 soll es soweit sein: Die Mars 2020 Mission erreicht den roten Planeten. Der Mars Rover Perseverance soll dann in dem sogenannten Jezero Crater landen – einem riesigen Krater auf dem Mars, von dem Wissenschaftler*innen vermuten, dass dort früher ein See war. Wenn es überhaupt je Leben auf dem Mars gab, könnte sich das eventuell in diesem Krater nachweisen lassen, da er Wasser enthielt.
Der Rover soll entsprechende Untersuchungen vornehmen. Aus den Satellitenbeobachtungen des Mars ist bereits bekannt, dass genau in diesem Krater verstärkt Tonmineralien vorkommen, wie sie auch auf der Erde zu finden sind. Solche Tonmineralien werden bereits seit längerem von Wissenschaftler*innen der TU Berlin aus dem Fachgebiet Keramische Werkstoffe von Prof. Dr. Aleksander Gurlo erforscht.
In mehreren Veröffentlichungen wiesen sie nach, dass sich diese Tonmineralien sowohl für die Herstellung getöpferter Gebrauchsgegenstände aus gebrannter Keramik als auch für den Bau ganzer Häuser eignen würden.
„Aufgrund der großen Entfernung von der Erde wird eine menschliche Erforschung, dauerhafte Stationierung oder sogar Besiedlung des Mars nur unter Verwendung lokaler Marsressourcen möglich sein – eine Praxis, die als In-Situ-Ressourcennutzung bezeichnet wird“, erläutert David Karl, wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Team von Aleksander Gurlo. Neben Energie, Wasser, Sauerstoff und Nahrung gehören Baumaterialien zu den Grundbedürfnissen einer potenziellen Stationierung auf dem Mars und zu den Materialien, die mit am schwierigsten dorthin zu bringen sein werden.
Baumaterialien für eine potenzielle Stationierung auf dem Mars
„Im Vergleich zu den Baumaterialien, die in der Geschichte der menschlichen Zivilisation auf der Erde verwendet wurden, ist das Fehlen von organischen Materialien wie Pflanzen eine große Herausforderung. Die einzigen verfügbaren festen Baumaterialien für die frühe In-Situ-Ressourcennutzung des Mars sind sogenanntes Regolith und Gestein. In jüngsten Veröffentlichungen konnten wir nachweisen, das auf dem Mars vorkommende Mineralien, wie zum Beispiel sogenanntes felsisches Gestein, sich in Gegenwart von Wasser in Schichtsilikate (Tonminerale) umwandeln kann“, weiß David Karl.
Aus den Satellitenaufnahmen der Marsoberfläche ist bekannt, dass unter anderem in dem Jezero Krater verschiedene Tonmineralien reichlich vorhanden sind. Nach Vorstellung der Wissenschaftler*innen könnten diese Tonmineralien allein durch den Einsatz von Wasser zu sogenannten Grünkörpern – also ungebrannten, feuchten Tonkörpern, verarbeitet werden. „Aus diesen lassen sich neben stabilen Gebrauchsgegenständen wie Tellern, Vasen oder ähnliches auch Tonziegel herstellen, die in einer ariden Umgebung eine hohe Stabilität aufweisen. Das konnten wir experimentell schon demonstrieren, etwa indem wir solche Materialien mittels 3D-Druck geformt haben. Ungebrannte Tonziegel werden von Menschen besonders in trockenen Gebieten der Erde schon seit Jahrtausenden für den Bau von Gebäuden genutzt. Etwa in Schibam, im Jemen, wo eine ganze Stadt aus ungebranntem Ton gebaut wurde. Einzelne Gebäude können dabei eine Höhe von bis zu 30 Meter erreichen“, berichtet David Karl.
Prozesse unter Mars-Bedingungen erforschen
Für die künftige In-Situ-Ressourcennutzung (ISRU) Forschung hoffen die Wissenschaftler*innen der TU Berlin mit ihren Arbeiten zu Tonmineralien eine neue Ressource erschlossen zu haben. In ihren aktuellen vorgelegten Publikationen konnten die Forscher nachweisen, dass sich ihr Materialsystem mit allen typischen Formgebungsverfahren nutzen lässt, um ungebrannte Tonstrukturen oder gebrannte Keramiken herzustellen. Somit wäre das System für die Konstruktion von einfachen Unterkünften oder funktionalen Gebrauchsgegenständen auf dem Mars prädestiniert.
Aktuell arbeiten die Forscher*innen daran, den gesamten Prozessweg des 3D-Drucks von Mars-Tonmineralien unter simulierten Mars-Umgebungsbedingungen zu etablieren. Die ersten Messungen des Perseverance Rovers könnten ihnen dabei helfen, die Tonzusammensetzung ihrer Materialien weiter zu optimieren. Ziel ist es, die wissenschaftliche Erforschung des Mars mit diesem tonhaltigen Materialsystem zu unterstützen.
Publikationen:
https://doi.org/10.1016/j.oceram.2020.100008
https://doi.org/10.1016/j.actaastro.2020.04.064
Weiterführende Informationen:
Prof. Dr. Aleksander Gurlo
TU Berlin
Fachgebiet Keramische Werkstoffe
Tel.: 030 314-22368
E-Mail: gurlo@ceramics.tu-berlin.de
David Karl
TU Berlin
Fachgebiet Keramische Werkstoffe
Tel.: 030 314-23425
E-Mail: david.karl@ceramics.tu-berlin.de
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