Vielfalt der Wohnungs- und Immobilienmärkte wächst
Die Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland entwickeln sich differenziert und dynamisch: Seit 2010 ziehen Mieten, Immobilientransaktionen und -preise, Baugenehmigungen und Baufertigstellungen an.
Günstige Koordinaten für die weitere Entwicklung sind stabile Einkommen, ausgesprochen niedrige Bauzinsen, die staatlichen Programme zur Gebäudesanierung und eine hohe Wohnungsnachfrage in prosperierenden Regionen. Immobilien haben gegenüber anderen Anlageformen deutlich an Bedeutung gewonnen.
Sie gelten als vergleichsweise sichere Geldanlage – Renditeerwartungen rücken häufig gegenüber Sicherheitsgedanken in den Hintergrund. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern hatte die Finanzmarktkrise 2008/2009 auf den deutschen Immobilienmärkten vergleichsweise geringe Auswirkungen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse einen weitgehend robusten, sehr vielfältigen deutschen Wohnungs- und Immobilienmarkt. Mit dem soeben erschienenen Wohnungs- und Immobilienmarktbericht 2011 legt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) erneut eine sachlich wie räumlich umfassende Analyse der Entwicklungen auf den deutschen Wohnungs- und Immobilienmärkten vor. Mit im Blick sind dabei auch zukünftige Marktfaktoren wie Energieeffizienz, Klimaanpassung oder altersgerechter Umbau der Gebäude.
Nach den jüngsten Analysen des BBSR setzt sich die bereits seit einigen Jahren zu beobachtende regionale Spaltung der Märkte fort. So steigen die Mieten und Immobilienpreise am stärksten in den ohnehin teuren süd-, nord- und westdeutschen Wachstumsregionen wie etwa in den Metropolen München, Frankfurt/Main oder Hamburg. Dort zeigen sich bereits Engpässe im Niedrigpreissegment. Diese Regionen ziehen auch die meisten professionellen Investoren an, was der Entwicklung von Neubauten zugute kommt. Dagegen stagnieren die Mieten und Preise – ebenso wie die Bauinvestitionen – in schrumpfenden Regionen. Dies betrifft große Teile Ostdeutschlands, das Ruhrgebiet und Teile Nord- und Ostbayerns sowie Niedersachsens. Schrumpfungsbedingte Folgen sind Leerstände oder Wohnungs- und Gebäudeabrisse. Es bestehen erhöhte Risiken von Sanierungsstaus mangels finanzieller Rücklagen oder Rentabilität. Vor allem in die Jahre gekommene Geschosswohnbauten abseits großer Städte werden für Mieter und Investoren zunehmend weniger attraktiv.
Begehrteste Wohnform der Deutschen bleibt das selbstgenutzte Wohneigentum. Aber auch hier überwiegen mittlerweile die Transaktionen und Investitionen im Bestand, zum Teil befördert durch den inzwischen einsetzenden Generationenwechsel bei den Hauseigentümern. 43,2 % der Haushalte leben in selbstgenutztem Wohneigentum. Darin zeigt sich aber auch eine hohe Bedeutung des Mietwohnungssegments, das in Deutschland von einer kleinteiligen Vermieterstruktur geprägt ist. Rund 60 % der ca. 24 Mio. Mietwohnungen gehören privaten Kleinvermietern. Nur in städtischen Räumen haben die professionellen und institutionellen Anbieter eine größere Bedeutung, darunter zahlreiche Anleger aus dem Ausland. Auch zukünftig wird der Geschosswohnungsbau in den größeren Städten seine Bedeutung aufrechterhalten.
• Neubau zieht wieder leicht an, größere Rolle spielt aber die Bestandsentwicklung
Seit 2010 steigen die Immobilientransaktionen, Baugenehmigungen und Baufertigstellungen zahlenmäßig wieder an. Die Neubautätigkeit, die seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich zurückging, legte 2010 wieder leicht zu (+0,5 %). Die hohen Baugenehmigungszahlen (2010: +7 %, 1. Hj. 2011: +28 %) lassen für 2011 und 2012 weitere Steigerungen erwarten. Das Gros stellt dabei weiterhin der Ein- und Zweifamilienhausbau. 80 % der Investitionen im Wohnungsbau gehen jedoch inzwischen in Umbau, Modernisierung und Sanierung bestehender Wohnungen und Gebäude. Diese Bestandsinvestitionen verteilen sich noch flächendeckend über alle Haustypen und Regionen in Deutschland. Auch in schrumpfenden Regionen finden noch Investitionen in bestehende Gebäude statt, um die energetische Qualität und die Marktgängigkeit der Objekte zu sichern.
• Nur noch leichter Anstieg der Wohnflächennachfrage bis 2025
Die BBSR-Wohnungsmarktprognose erwartet bis 2025 nur noch eine leichte Steigerung der Wohnflächennachfrage um rund 6 % (geschätzt 183 000 Wohnungen jährlich). Dieser Anstieg geht ausschließlich auf wachsende Zahlen an potenziellen Eigentümerhaushalten zurück und wird vor allem den Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern nach sich ziehen. Diese überwiegend demographisch bedingte Nachfrage schwächt sich im Prognosezeitraum ab. Am aktuellen Rand liegt die Prognose über der tatsächlichen Bautätigkeit. Der Neubaubedarf konzentriert sich vor allem auf „Wachstumsinseln“: größere Teile in Westdeutschland sowie die Städte Berlin, Potsdam und deren engeres Umland in Ostdeutschland.
• Büro- und Einzelhandelsimmobilien besonders in zentralen Lagen wieder gefragt
Mit der verbesserten Konjunkturlage bis Mitte 2011 tendierten auch bei Büroimmobilien Nachfrage und Mieten wieder nach oben. Insgesamt hatte die Krise 2008/2009 bei den gewerblichen Immobilien erhebliche Einbrüche verursacht. Der anschließende Aufwärtstrend konzentriert sich allerdings stark auf gute oder Bestlagen in Großstädten und Metropolen. An zentralen Standorten sind auch Einzelhandelsimmobilien inzwischen wieder sehr gefragt und teurer, wobei ein Trend zurück in die Innenstädte erkennbar ist. Das BBSR-Expertenpanel Immobilienmarkt belegt, dass neue Gewerbeimmobilien für Investoren nur noch in demographisch wie ökonomisch gut aufgestellten Regionen und Metropolräumen attraktiv erscheinen.
• Energieeffizienz, Klimaanpassung und altersgerechter Umbau von Gebäuden immer wichtiger
Energieeinsparung, Klimaschutz und Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energien setzen bei Gebäuden an. 40 % des Energieverbrauchs werden in Deutschland für Raumwärme und Warmwasser aufgewendet. Ein erheblicher energetischer Sanierungsbedarf besteht bei älteren Wohngebäuden bis Baujahr 1978. Im Neubau ab 2005 ist Wärmedämmung hingegen Standard. Die seit 2006 erfolgte Förderung energieeffizienter Sanierungen im Bestand oder zur Errichtung von Neubauten wurde für 2,5 Mio. Wohnungen mit Investitionen von 85 Mrd. € genutzt. Damit konnte der CO2-Ausstoß um jährlich 5 Mio. t reduziert werden.
Umfangreiche Investitionen erfordert auch der altersgerechte Umbau der Wohnungen – von den Vermietern wie auch den vielen selbstnutzenden Wohnungseigentümern. Knapp die Hälfte der Haushalte mit einem Mitglied von mindestens 65 Jahren lebt in einem Eigenheim oder einer Eigentumswohnung. Da im Wohnungsbestand die Schaffung vollständiger Barrierefreiheit häufig nicht möglich ist, muss es Ziel sein, so viele Barrieren wie möglich abzubauen.
Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2011 (Analysen Bau.Stadt.Raum, Band 5)
Hrsg.: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn
ISSN 2190-8281, ISBN 978-3-87994-695-2, Vertrieb: Selbstverlag des BBSR und Buchhandel
Fachlicher Ansprechpartner:
Alexander Schürt
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