Airbag im Röntgenblitz
Ein Lidschlag und es ist vorbei. Sensoren registrieren den Aufprall, der Airbag zündet, bläst sich auf und fällt wieder zusammen. 150 Millisekunden. Maximal. Was in dieser Zeit passiert, ist bestens dokumentiert. Zumindest der sichtbare Teil. Die ersten zehn bis zwanzig Millisekunden, in denen der Airbag gezündet wird und beginnt sich zu entfalten, spielen sich jedoch im Verborgenen ab. Von dieser kritischen Phase existierten bis vor kurzem bestenfalls Einzelbilder – pro Airbag-Zündung ein Bild. Das Problem dabei: „Von nur einem Bild kann man nicht auf den gesamten Ablauf schließen“, stellt Philip Helberg vom Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, dem Ernst-Mach-Institut EMI in Efringen-Kirchen, fest. Er und seine Kollegen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem man den gesamten Ablauf sichtbar machen kann: Mit Röntgen-Kinematografie, die auf der Röntgenblitztechnik aufbaut, erstellt er ganze Bildserien mit extrem kurzen Bildabständen von minimal zehn Mikrosekunden, rein rechnerisch 100 000 Bilder pro Sekunde. Aufgrund der aktuell verfügbaren Röntgenquellen ist man auf acht Bilder beschränkt.
Den Ingenieuren genügen die acht Bilder. „Um das Zünden eines Airbags zu untersuchen, ist eine Auflösung von 1 000 Bildern pro Sekunde ausreichend“, sagt Helberg. Die Bildserie beginnt etwa fünf Millisekunden nach dem Auslösen des Airbags und ist nach weiteren acht Bildern und Millisekunden abgeschlossen. Mit Hilfe der Aufnahmen können die Hersteller von Airbags jetzt herausfinden, wie die Luftsäcke im Gehäuse verstaut werden müssen, damit sie sich optimal entfalten.
Die Röntgen-Kinematografie der Fraunhofer-Forscher liefert, dank einer nur 20 Nanosekunden kurzen Belichtungszeit, gestochen scharfe Bilder. „Diese Qualität ist bisher einzigartig“, freut sich Helberg. Für die Aufnahme der Bildserien benutzt er eine ausgetüftelte Aufnahmetechnik: Die Röntgenblitze durchstrahlen das zu untersuchende Objekt – beispielsweise den Airbag – aus einer Richtung. Der Anteil der Strahlung, der nicht absorbiert wird, trifft auf eine Fluoreszenzfolie auf der gegenüberliegenden Seite und bringt diese zum Leuchten – allerdings nur 1,6 Mikrosekunden lang, eine Zeitspanne, die mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar ist. Doch die CCD-Kameras auf der Rückseite der Folie registrieren diese Bilder. Auf diese Weise wird sichtbar, was dem menschlichen Auge verborgen bleibt.
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http://www.fraunhofer.de/fhg/press/pi/2006/05/Mediendienst52006Thema6.jspAlle Nachrichten aus der Kategorie: Automotive
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