Das Auto aus dem 3D-Drucker
Im großen Windkanal der TU Berlin wird ein kleines, weißes Auto aus Gips und Epoxydharz getestet. 120 Zentimeter lang, 45 Zentimeter breit und 40 Zentimeter hoch markiert es vielleicht den Beginn eines neuen Forschungszeitalters am Fachgebiet für Experimentelle Strömungsmechanik.
Das Auto heißt „DrivAer“, und das Besondere an ihm ist, dass es ein realistisches Modell eines Autos ist. „Bisher forschten auch wir am sogenannten Ahmed-Körper, um die außerordentlich komplizierten Strömungen an einem Auto zu entschlüsseln“, sagt Christoph Strangfeld, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Fahrzeug-Aerodynamik am Fachgebiet von Professor Oliver Paschereit. „Aber dieses 1984 entwickelte Modell abstrahiert so stark von der Wirklichkeit – es hat zum Beispiel keine Vorderhaube, keine Räder, keine Spiegel, keine gekrümmten Flächen und Heckschrägen – ,dass die gewonnenen Forschungsdaten nur bedingt aussagekräftig sind. Und für die Autoindustrie selbst haben sie eigentlich keinen Wert.“ Mit „DrivAer“ soll sich das ändern.
Entwickelt wurde „DrivAer“ in den Computern der TU München zusammen mit Audi und BMW. „DrivAer“ ist eine Art Hybrid aus den verschiedenen Pkw-Modellen der beiden Autohersteller. Dass er nun als reales Objekt im Windkanal der TU Berlin der Forschung zur Verfügung steht, ist möglich, weil am TU-Institut für Mathematik ein 3D-Labor existiert und die Wissenschaftler dort über das Know-how verfügen, aus den Computerdaten ein reales Automodell dreidimensional auszudrucken. Eine Herausforderung war „DrivAer“ trotzdem. „Wir haben einige Erfahrung bei der 3D-Digitalisierung und -Visualisierung sowie beim 3D-Druck – angefangen bei komplizierten Strukturen, die mathematische Zusammenhänge als reale Objekte abbilden, über Architektur- und Geomodelle wie etwa die topografische und geologische Darstellung Berlins bis hin zu Modellen menschlicher Organe aus computertomografischen Untersuchungen –, aber das Auto war bisher eines der aufwendigsten Projekte, für das wir einen 3D-Druck erstellt haben“, erzählt Joachim Weinhold, wissenschaftlicher Mitarbeiter im 3D-Labor.
Der „DrivAer“ wird in den nächsten Wochen im Windkanal immer wieder einer Windstärke von 150 Kilometern pro Stunde ausgesetzt. 64 Sensoren in seinem Inneren messen Kräfte und Drücke am Heck. Im Rahmen einer Diplomarbeit werden Hunderte von Daten gesammelt, ausgewertet und mit jenen der TU München verglichen.
„Wir wollen mit den Messungen die Strömungsphänomene am Auto besser verstehen, um zum einen den Widerstandswert zu verkleinern, also die Kraft jener Wirbel, die sich am Heck bilden und das Auto nach hinten ziehen und somit abbremsen. Und zum anderen wollen wir Erkenntnisse gewinnen, wie die Strömungen durch Konstruktionselemente im Auto aktiv beeinflusst werden können. Dafür aber brauchen wir realistische Daten“, so Strangfeld. Denn letztendlich gehe es allein darum, Kraftstoff beziehungsweise Energie zu sparen, fügt Dirk Wieser hinzu, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Fahrzeug-Aerodynamik. Gerade im beginnenden Zeitalter der Elektromobilität ist dies entscheidend, denn manchem Skeptiker legt ein E-Auto mit einer Batterieladung zu wenige Kilometer zurück.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Christoph Strangfeld, Institut für Strömungsmechanik und Technische Akustik der TU Berlin, Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik, 10623 Berlin, Müller-Breslau-Str. 8, Tel.: 030/314-26486, E-Mail: strangfeld@tu-berlin.de
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