Erfolgreiche Premiere: Touareg-Prototyp meistert ohne Fahrer an Bord Geländeparcours
Er fährt wie von Geisterhand. Ein Touareg mit Hightech-Sensoren aber ohne Fahrer an Bord. Am vergangenen Freitag musste er zum ersten Mal in der Öffentlichkeit zeigen, was er vom Menschen gelernt hat: Volkswagen schickte den Prototypen über einen Geländeparcours im Motopark Oschersleben. Wie an der Schnur gezogen meisterte der „intelligente“ Allradler die Strecke. Die erfolgreiche Premiere war gleichzeitig eine gelungene Generalprobe. Am 8. Oktober wird Volkswagen mit einem Schwestermodell des Prototypen an der US-amerikanischen „Grand Challenge 2005“ teilnehmen, einem einzigartigen Rennen für fahrerlose Automobile.
Bereits heute machen Fahrerassistenzsysteme den Individualverkehr sicherer. Erfolgreichstes Beispiel: das ESP. Jahr für Jahr rettet dieses „Anti-Schleuder-System“ Leben. Aktuellstes Beispiel: das ADR. Erstmals im Phaeton vorgestellt, reduziert die automatische Distanzregelung nun auch im neuen Passat die Wahrscheinlichkeit eines Auffahrunfalls. Im Grand-Challenge-Touareg fließen die Technologien zur Umfelderkennung und Analyse zusammen. Im Verbund können diese Fahrerassistenzsysteme autonom die Strecke sowie Hindernisse erkennen und ein Fahrzeug lenken.
Derivate der in Oschersleben gezeigten Systeme werden künftig dazu beitragen, Komfort und Sicherheit im Automobil zu verbessern. Matthias Rabe, Leiter Konzernforschung der Volkswagen AG: „Dazu müssen die Systeme zunächst so gut werden wie der aufmerksame Fahrer selber. In einem weiteren Schritt müssen die Systeme sogar besser werden als der Fahrer. Indem sie vorausschauend um die nächsten Kurven sehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen.“
Ein rollendes Hightech-Labor namens „Stanley“
Die technische Basis des Geländewagens wurde praktisch unverändert aus der Serie übernommen und lediglich mit einem kompletten Unterbodenschutz sowie verstärkten Stoßdämpfern modifiziert. Dann aber wurde der von den zuständigen Ingenieuren liebevoll „Stanley“ getaufte Prototyp in ein fahrendes Hightech-Labor verwandelt. Zahllose Sensoren sowie ein Verbund von vier Laser-Detektoren ermitteln jene Daten, mit denen das fahrerlose Automobil sicher und zügig seinen Weg findet. Ergänzt werden die Systeme durch Stereo-Sichtgeräte, hoch entwickelte 24-GHz-Radaranlagen und ein besonders exakt analysierendes, satellitengestütztes GPS-Navigationssystem, das die genaue Position des Fahrzeugs auf den Millimeter genau digital abbildet.
Diese geballte Informationsflut füttert das im Kofferraum des Geländewagens untergebrachte Hochleistungs-Rechenzentrum, das aus sieben zusammengeschalteten Pentium M-Motherboards besteht. Mit einer Rechenleistung von 1,6 GHz pro Prozessor sowie einer ebenso aufwendigen und einzigartigen Software ermittelt es jene Lenk-, Beschleunigungs- und Verzögerungsbefehle, mit denen „Stanley“ über „Drive-by-wire“-Systeme elektronisch gesteuert wird und auf Besonderheiten der Strecke in Echtzeit reagieren kann.
Neben dem für die Grand Challenge vorgesehenen Prototypen wurde innerhalb weniger Wochen der in Oschersleben gestartete Volkswagen Touareg aufgebaut, „Stanlette“. Das „weibliche“ Pendant fungiert als weiterer Entwicklungsträger.
Autonomes Fahren als Forschungsschwerpunkt
Beide Fahrzeuge entstanden in Kooperation zwischen der Volkswagen Konzernforschung, dem Electronics Research Laboratory (ERL) des Volkswagen Konzerns im kalifornischen Palo Alto und der Stanford University, was auch die Spitznamen der Prototypen erklärt. Grundsätzlich bildet das autonome Fahren einen der Forschungsschwerpunkte des ERL. Die Umsetzung stellt dabei eine immense wissenschaftliche und technische Herausforderung dar. Viele Aspekte des autonomen Automobils werden sukzessive in weiteren, eher konventionellen Fahrer-Assistenzsystemen wiederzufinden sein.
„Mit diesem Gemeinschaftsprojekt nutzen wir die einmalige Gelegenheit, mit einer der renommiertesten Universitäten zusammenzuarbeiten und das derzeit technisch Machbare unter Beweis zu stellen“, betont Dr. Carlo Rummel, Leiter des ERL in Palo Alto. Und er unterstreicht weiter: „Natürlich sorgt der Wettbewerbscharakter für zusätzliche Motivation im Team. Zudem ist der Wettbewerb selbst eine willkommene Bühne für die überragenden Offroad-Fähigkeiten des Touareg.“
Grand Challenge 2005
Im vergangenen Jahr fand das von der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) ausgeschriebene und mit einem Preisgeld von damals einer und heute zwei Millionen US-Dollar dotierte Grand-Challenge-Projekt zum ersten Mal statt. Für diesen Wettbewerb wurde der Touareg „Stanley“ eigens konzipiert. Im Rahmen des Grand-Challenge-Projektes bringt das Electronics Research Laboratory (ERL) das breit gefächerte Know-how der Volkswagen AG im Bereich autonomer Fahrzeuge in die Partnerschaft mit der Stanford School of Engineering ein. Dort hat Professor Sebastian Thrun – ein international anerkannter Experte für künstliche Intelligenz – ein überaus kompetentes, neun verschiedene Zeitzonen übergreifendes Forschungs- und Entwicklungsteam dafür zusammengestellt.
Die Grand Challenge 2005 startet am 8. Oktober und führt durch die unwegsame Südwest-Wüste der Vereinigten Staaten. Die teilnehmenden Fahrzeuge haben maximal zehn Stunden Zeit, die bis zum Start unbekannte Streckenführung über eine Distanz von 175 Meilen (rund 282 Kilometer) zurückzulegen. Jeglicher Eingriff von außen ist unzulässig.
„Dies ist das erste Langstreckenrennen in der Geschichte des Automobils, bei dem die Fahrzeuge selbst alle notwendigen Entscheidungen für ihr Fortkommen treffen müssen“, betont Professor Sebastian Thrun als Leiter des „Stanford Racing Teams“. „Mit anderen Worten: Der Wagen braucht nicht nur einen starken Körper, sondern auch ein besonders intelligenten Kopf.“
Hintergrundinfo zum ERL: Trendscout für neue Technologien
Das nordamerikanische Electronics Research Laboratory (ERL) des Volkswagen Konzerns wurde 1998 im kalifornischen Palo Alto, also inmitten des Silicon Valley gegründet. Das Ziel: Es soll potentielle Technologien frühzeitig erkennen, rasch zur Serienreife bringen und damit auch die Entwicklung des „intelligenten“ Automobils der Zukunft beschleunigen. Das Team dieses wegweisenden Wissenszentrums für Elektronik besteht heute aus 40 Ingenieuren und Designern, die als Trendscouts fungieren und eng mit den entsprechenden europäischen Entwicklungsabteilungen des Mutterhauses zusammenarbeiten. Ihre Technologie-Früherkennung, Forschung und Vorausentwicklung führt zu innovativen Neuheiten, mit denen sich die Produkte des Volkswagen Konzerns vom Wettbewerb absetzen.
Das ERL engagiert sich derzeit in unterschiedlichen Technologiebereichen wie etwa den Fahrer-Assistenzsystemen, der Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation sowie im Thema innovativer Info- und Entertainment-Module. Seine Aufgaben erfüllt das Elektronik-Forschungslabor mit Synergien aus interner Kompetenz und der Kooperation mit externen Forschungsgruppen, innovativen Start-up-Unternehmen und den führenden US-Universitäten.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.volkswagen.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Automotive
Die wissenschaftliche Automobilforschung untersucht Bereiche des Automobilbaues inklusive Kfz-Teile und -Zubehör als auch die Umweltrelevanz und Sicherheit der Produkte und Produktionsanlagen sowie Produktionsprozesse.
Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Automobil-Brennstoffzellen, Hybridtechnik, energiesparende Automobile, Russpartikelfilter, Motortechnik, Bremstechnik, Fahrsicherheit und Assistenzsysteme.
Neueste Beiträge
Neue Moleküle für neue Materialien
Graduiertenkolleg in der Chemie erhält millionenschwere Förderung der DFG. So genannte kovalente Bindungen sind das Rückgrat unserer Welt. Diese starken Bindungen – wie zum Beispiel zwischen zwei Sauerstoffatomen, die sich…
Hereon tauft ein ganz besonderes Schiff
Mit rund 400 Gästen ist heute die CORIOLIS feierlich getauft worden. Karin Prien, Wissenschaftsministerin des Landes Schleswig-Holstein, hat als Patin die offizielle Taufe des neuen Forschungsschiffs des Helmholtz-Zentrums Hereon übernommen….
So regenerieren Meereswürmer verlorene Körperteile
Die Rückkehr von Zellen in einen stammzellähnlichen Zustand als Schlüssel zur Regeneration. Viele Lebewesen sind in der Lage, beschädigtes oder verlorenes Gewebe zu regenerieren, aber warum einige das besonders gut…