Hohensteiner Institute überprüfen den klimatischen Komfort von Autositzen
Automobilhersteller sind heute in der Lage, fast jeden Kundenwunsch zu erfüllen. Moderne Kraftfahrzeuge sind optimal auf ihren Einsatzzweck abgestimmt und bieten aus technologischer Sicht jeden nur denkbaren Komfort. Einen besonders wichtigen Aspekt bilden in diesem Zusammenhang auch die Fahrzeugsitze. Diese müssen nicht nur aus Sicherheitsgründen bestimmte Konstruktionskriterien erfüllen, sondern auch hinsichtlich ihrer Komforteigenschaften. Klimasitze sind in der gehobenen Limousinenklasse mittlerweile in aller Munde, finden sich zunehmend aber auch als Ausstattung in Mittelklassewagen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die Leistungsfähigkeit des Autofahrers auf langen Strecken deutlich abnimmt, wenn die KfZ-Sitze Körperhaltung und Wärmehaushalt nicht in der erforderlichen Weise unterstützen. Die Folge sind Ermüdungszustände und Konzentrationsstörungen, die im schlimmsten Fall zu gefährlichen Unfällen führen können. Deshalb haben die Hohensteiner Institute in Bönnigheim unterschiedliche Testmethoden entwickelt, mit denen sich der thermophysiologische Sitzkomfort objektiv bestimmen lässt. Zahlreiche namhafte Automobilzulieferer nutzen diesen Service bereits seit vielen Jahren, um die Qualität ihrer Sitze zu verbessern.
Unter ergonomischen Gesichtspunkten spielt vor allem die Frage eine Rolle, ob ein Autositz den Körper des Fahrers mechanisch genügend abstützt, ohne ihn in eine unnatürliche Sitzhaltung zu zwängen. Ebenso wichtig ist aber auch der klimatische bzw. thermophysiologische Komfort. Dieser sagt aus, ob der Sitz bzw. der Stoffbezug in der Lage ist, den Wärme- und Feuchtetransport des Körpers angemessen zu regulieren. KfZ-Sitze, die diese Anforderung nicht oder nur ungenügend erfüllen, lassen eine längere Autofahrt zu einer Tortur werden. Nur wenn Material und Design eines Sitzes optimal aufeinander abgestimmt sind und damit zwischen Körper und Sitz ein sogenannter Ventilationseffekt entsteht, verfügt der Fahrer über den bestmöglichen Sitzkomfort. Andernfalls kann es zu Hitze- und Feuchtestaus kommen, die als unangenehm empfunden werden und sich auf Körper und Psyche des Fahrers belastend auswirken.
Aus physiologischer Sicht umfasst der Sitzkomfort die folgenden vier Parameter: Den Initialwärmefluss, also das Wärmeempfinden in den ersten zwei bis drei Minuten nach dem ersten Kontakt mit dem Sitz; die als „Atmungsaktivität“ bekannte Fähigkeit, gebildeten Schweiß möglichst schnell ab zu transportieren; eine optimal abgestimmte Wärmeisolation sowie das Maß, wie viel Wasserdampf der Sitz aufnehmen kann, ohne sich subjektiv feucht anzufühlen (Wasserdampfpufferung).
Zur quantitativen Bestimmung des klimatischen Komforts von Autositzen verwenden die Hohensteiner Wissenschaftler zwei spezielle Messapparaturen. Um die Wärmeabgabe des menschlichen Körpers nachzustellen, wird ein beheizter Aluminiumstempel in Form eines menschlichen Gesäßes, das sogenannte „Polsterprüfgerät“, auf den Sitz gedrückt. Wärmeflusssensoren geben Aufschluss darüber, wie gut die Wärmeisolation des Sitzes zu Beginn und nach Erreichen des Temperaturgleichgewichts zwischen Körper und Sitzfläche ist. Atmungsaktivität und Wasserdampfpufferung der Sitze werden mit Hilfe eines thermoregulatorischen Funktionsmodells der menschlichen Haut, kurz „Hautmodell“, ermittelt. Bei diesem handelt es sich um eine beheizbare, poröse und in einen Klimaschrank integrierte Metallplatte, die kontrolliert Wasserdampf abgeben und auf diese Weise die Schweißbildung simulieren kann. Feuchtefühler zwischen Messfläche und Prüfling ermöglichen zuverlässige Aussagen über die Pufferwirkung des Sitzbezuges. Gemessen wird aber auch, wie viel Wasserdampf der Sitz innerhalb eines bestimmten Zeitraums vom Körper weg transportiert.
In einem Forschungsvorhaben am Bekleidungsphysiologischen Institut Hohenstein e. V. konnten die Textilwissenschaftler nachweisen, dass die im Labor gewonnenen Daten mit den Ergebnissen von Sitzversuchen mit Testpersonen am Fahrsimulator übereinstimmen. Die erarbeiteten Konstruktionsleitlinien eignen sich grundsätzlich nicht nur für die Optimierung von Autositzen, sondern auch für die Herstellung von Sitzen in Bahnen.
Den Komfort von Flugzeugsitzen haben die Hohensteiner Experten vor kurzem in einem gesonderten Forschungsprojekt untersucht. Danach ist textilen Bezugsstoffen gegenüber anderen Materialien aus physiologischer Sicht eindeutig der Vorzug zu geben. Nähere Informationen dazu sowie zur physiologischen Komfortprüfung von Autositzen erhalten Sie bei Prof. Dr. Karl-Heinz Umbach, Leiter der Abteilung Bekleidungsphysiologie, Tel. +49 7143 271-632, E-Mail: kh.umbach@hohenstein.de. Das Forschungsprojekt zur Ermittlung des Komforts von Autositzen wurde gefördert von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. (AiF) in Köln sowie vom Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg.
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