Klimakomfort im Auto: Augen auf beim Sitzkauf!

Urlaubszeit, Hitzewelle und Stau auf der Autobahn – trotz Klimaanlage kann's dann im Auto schnell unangenehm werden. Oft sind die Sitze das Problem, in denen sich Wärme und Feuchtigkeit stauen. Dabei gibt es ein paar einfache Regeln für klimatisch komfortable Sitze, auf die jeder beim Autokauf achten kann: Gerade bei extremen Temperaturen ist ein Textilbezug einem aus Leder klar überlegen. Sportsitze, die den Körper des Fahrers eher umschließen, sind flachen Sitzen gegenüber im Nachteil. Im Unterbau des Sitzes sollten textile Abstandsgewirke mit großem Luftvolumen und Absorbermaterialien zur Zwischenspeicherung von Feuchtigkeit eingearbeitet sein.

Oberflächenstrukturierungen der Sitze fördern Wärme- und Feuchtigkeitsaustausch. Die Ergebnisse stammen von Wissenschaftlern der Hohensteiner Institute in Bönnigheim. Mit Unterstützung der AiF haben sie Testmethoden entwickelt, mit denen sich der thermophysiologische Sitzkomfort objektiv bestimmen lässt. Zahlreiche Automobilzulieferer nutzen diesen Service bereits, um die Qualität ihrer Sitze zu verbessern.

Gleich beim Hineinsetzen sollte sich der Sitzbezug nicht zu heiß oder zu kalt anfühlen. Dafür sorgen Materialien mit geringer Wärmeleitfähigkeit, besonders Textilien wie Velours. Lederbezüge sind in aller Regel beschichtet, um pflegeleichter zu sein, und stauen so Wärme und Feuchtigkeit.

Damit das angenehme Sitzgefühl anhält, bietet die Automobilindustrie inzwischen spezielle Klimasitze an. Ihr Innenleben sorgt für einen hohen Wärmefluss bei längeren Fahrten, der die Schwitzneigung vermindert. Im Unterbau des Sitzes werden dreidimensionale textile Abstandsgewirke als Ventilationsschicht verarbeitet, in der große Mengen Luft bewegt werden können. Durch die Vibration beim Fahren und die Bewegungen des Fahrers auf dem Sitz kommt es zu Pumpeffekten, durch die die Feuchtigkeit vom Körper weggeführt, im Sitz verteilt und von dort aus über seitliche Schlitze entweichen kann. Inzwischen gibt es auch Sitze mit eingebautem Ventilator, der aktiv einen Luftstrom im Sitz erzeugt.

Auch die Form des Sitzes spielt für den Klimakomfort eine große Rolle. Bei Sportsitzen, die den Körper des Fahrers umschließen, werden Wärme und Feuchtigkeit schlecht abtransportiert. Dagegen sorgen flache Sitze, besonders wenn sie abgesteppte Rillen oder Wölbungen haben, für eine gute Ventilation.

Wenn der Autofahrer stark schwitzt, beispielsweise beim Hineinsetzen in ein aufgeheiztes Auto, bevor die Klimaanlage anfängt zu wirken, muss der Wasserdampf zwischengepuffert werden, ohne dass sich der Sitz feucht anfühlt. Dafür sorgen spezielle Absorbermaterialien, mit denen der Sitz gefüttert sein sollte. Sehr gut eignen sich Aktivkohle, Rosshaar, Wolle und superabsorbierende Polymere.

Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die Leistungsfähigkeit des Autofahrers auf langen Strecken deutlich abnimmt, wenn die Kfz-Sitze den Wärmehaushalt nicht ausreichend unterstützen. Die Folge sind Ermüdung und Konzentrationsstörungen, die im schlimmsten Fall zu gefährlichen Unfällen führen können.

Zur Bestimmung des klimatischen Komforts von Autositzen verwenden die Hohensteiner Wissenschaftler zwei Messapparaturen. Um die Wärmeabgabe des menschlichen Körpers nachzustellen, wird das Polsterprüfgerät, ein beheizter Aluminiumstempel in Form eines menschlichen Gesäßes, auf den Sitz gedrückt. Wärmeflusssensoren geben Aufschluss darüber, wie gut die Wärmeisolation des Sitzes ist. Atmungsaktivität und Wasserdampfpufferung der Sitze werden mit Hilfe eines Thermoregulationsmodells der menschlichen Haut ermittelt. Das ist eine beheizbare, poröse und in einen Klimaschrank integrierte Metallplatte, die kontrolliert Wasserdampf abgeben und so die Schweißbildung simulieren kann. Ein Feuchtefühler zwischen Messfläche und Prüfling ermöglicht zuverlässige Aussagen über die Pufferwirkung des Sitzbezuges. Gemessen wird auch, wie viel Wasserdampf der Sitz vom Körper weg transportiert.

Sitzversuche mit Testpersonen haben die gewonnenen Daten bestätigt. Die neuen Konstruktionsleitlinien eignen sich auch für die Herstellung von Sitzen in Bussen, Bahnen und Flugzeugen, aber auch für Heim- und Büromöbel. Textilien für Sitze stellen einen wirtschaftlich bedeutenden Markt für die durchweg mittelständisch organisierte deutsche Textilindustrie dar. Die Menge der allein in Pkw verarbeiteten Textilien übersteigt die der Herrenkonfektion deutlich.

Ansprechpartner: Dr. Volkmar T. Bartels, Hohensteiner Institute, Bönnigheim,
E-Mail: v.bartels@hohenstein.de, Tel.: 07143 271-611
Pressearbeit: Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ (AiF), Silvia Behr, E-Mail: presse@aif.de, Tel.: 0221 37680-55

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Silvia Behr idw

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