Mehrkernprozessoren für Fahrzeuge untersucht
Moderne Autos haben bis zu 80 spezialisierte Einzelprozessoren integriert, jeweils für einzelne Anwendungen wie digitale Tachoanzeige, Navigation, Zentralverriegelung, ABS, ESP oder Fahrerassistenzsystem. Eine 12-Volt-Batterie, die all die Prozessoren mit Strom versorgen soll, stößt schon heute an ihre Grenzen.
Durch Mehrkernprozessoren, auf denen mehrere Anwendungen parallel laufen, könnten die Anzahl der Prozessoren und damit auch Kosten und Stromverbrauch reduziert werden. In dem vom Bund geförderten Verbundprojekt ARAMiS (Automotive, Railway and Avionic Multicore Systems) beteiligen sich Forscher der Universität Stuttgart daran, den sicheren Einsatz von Mehrkernprozessoren in Auto, Flugzeug und Bahn zu erforschen.
Mehrkernprozessoren, auf denen mehrere Anwendungen laufen, sind in Heimcomputern schon seit längerem gang und gäbe. Dort ist es nicht so schlimm, wenn beispielsweise ein Office-Programm abstürzt, weil im Hintergrund eine Grafiksoftware zu viel Rechenkapazität benötigt. Im Verkehrswesen wäre es dagegen fatal, wenn zum Beispiel das digitale Tachometer erst verzögert die richtige Geschwindigkeit anzeigt, weil das Navigationssystem die ganze Rechenleistung des Prozessors zur Darstellung einer aufwändigen dreidimensionalen Karte benötigt. Auch das automatische Lenk- und Bremssystem muss auf die Millisekunde genau funktionieren. Darum ist es wichtig, dass die Anwendungen so auf die Rechenkerne verteilt und miteinander abgestimmt werden, dass alle wichtigen Resultate rechtzeitig und korrekt berechnet werden, obwohl sich mehrere Anwendungen den Mehrkernrechner teilen müssen.
Forscher unter Leitung von Prof. Kurt Rothermel am Institut für Parallele und Verteilte Systeme (IPVS) der Uni Stuttgart untersuchen insbesondere Anwendungen, welche auf gemeinsame Grafikprozessoren und Anzeigegeräte zugreifen, beispielsweise zur Darstellung des sicherheitskritischen Tachometers und des Navigationssystems. Um zu verhindern, dass die Anwendungen sich gegenseitig beeinflussen, soll der Mehrkernprozessor mit Hilfe sogenannter Virtualisierungstechnologien in virtuelle Einheiten aufgeteilt werden. So bekommt jede Anwendung einen Teil der physischen Ressourcen wie der Rechenzeit, des Speichers oder der Anzeige zugeteilt. In solchen voneinander abgeschotteten Laufzeitumgebungen wäre der Zugriff auf gemeinsame Ressourcen kontrolliert und Anwendungen wie das Tachometer könnten in Echtzeit ablaufen, so dass keine Sicherheitsrisiken entstehen und Probleme bei der Darstellung vermieden werden.
Wie die Software der Automobil-Anwendungen, die bisher auf Einkern-Prozessoren lief, angepasst werden muss, damit sie auf Mehrkernprozessoren zuverlässig und fehlerfrei läuft, damit beschäftigt sich die Abteilung von Prof. Erhard Plödereder am Institut für Softwaretechnologie (ISTE). Für die Software entwickeln die Wissenschaftler der Uni Stuttgart innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit mehrere Analysewerkzeuge. Sie untersuchen, wie die Funktionskomponenten einer Software auf die Mehrkern-Architektur sinnvoll aufzuteilen sind, um zu lange Antwortzeiten zu vermeiden. Arbeitsschritte innerhalb einer Software können so parallel anstatt wie bisher nacheinander ablaufen. Rufen zwei Funktionskomponenten jedoch gleichzeitig denselben Wert auf dem Prozessor ab und überschreiben ihn, so wird es zu Verarbeitungsfehlern kommen. Situationen, in denen eine Synchronisation der Zugriffe nicht korrekt programmiert wurde, könnten in Zukunft mit den Analysewerkzeugen ausgemerzt werden.
Ansprechpartner:
Dr. Frank Dürr, Institut für Parallele und Verteilte Systeme,
Tel. 0711/685-88431, e-mail: frank.duerr@ipvs.uni-stuttgart.de;
Prof. Erhard Plödereder, Institut für Softwaretechnologie,
Tel. 0711/685-88322, e-mail: erhard.ploedereder@iste.uni-stuttgart.de
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