Mit Plug & Play zum Elektroauto

Das Team von DeepDrive (v.li.): Vincent Berger, Alexander Rosen, Markus Domme, Maximilian Habersbrunner, Felix Pörnbacher, Stefan Ender, Christopher Römmelmayer und Dean Petrovski.
Bild: DeepDrive GmbH

Start-up „DeepDrive“ baut Plattform mit integrierter elektrischer Antriebstechnik.

Die Entwicklung neuer Elektroauto-Modelle ist aufwändig und teuer. Die Gründer des Start-ups DeepDrive, das an der Technischen Universität München (TUM) gegründet wurde, wollen das ändern: Die von ihnen entwickelten modularen Plattformen mit integrierten Batterien und hocheffizienten Radnaben-Motoren beinhalten Antrieb, Lenkung, Bremsen und Fahrwerk. Auf dieser Basis können Hersteller schnell neue Modelle aufbauen und auf den Markt bringen.
„Wir waren schon vor sieben Jahren ein gutes Team“, sagt Felix Poernbacher. Er und fünf weitere Gründer des Start-ups DeepDrive haben sich im Wintersemester 2014/2015 im Projekt TUfast an der TUM kennengelernt. Ihr Ziel war es, einen elektrischen Rennwagen zu bauen und damit am Konstruktionswettbewerb „Formula Student“ teilzunehmen. „Dieses Projekt hat uns zusammengeschweißt“, erinnert sich Poernbacher: „In der entscheidenden Phase vor dem Rennen haben wir alle Tag und Nacht in der Werkstatt verbracht und – wenn überhaupt – auch dort geschlafen. Das waren harte Wochen, aber wir haben sehr viel gelernt: über Technik, Projektmanagement und auch über Menschenführung.“ Beim Rennen auf dem Hockenheimring gewann das TUM-Team den Wettbewerb in „Engineering Design“.Bald darauf schloss Poernbacher sein Studium an der TUM School of Management ab, die anderen Projektleiter machten ihre Abschlüsse in Elektrotechnik und Maschinenbau an der TUM. Trotz neuer Jobs blieben sie weiter im Kontakt. Ihre Gespräche kreisten dabei immer wieder um das Thema Elektromobilität, wie sie die Automobilindustrie verändert und welche neuen Geschäftsfelder sich dadurch entwickeln.

Eine Plattform für alle Hersteller

„Fakt ist, dass jetzt in Asien, aber auch in Europa viele neue Player auf den Markt drängen, die sich auf bestimmte Kundengruppen spezialisieren, deren Bedürfnisse sie sehr genau kennen. Das sind Hersteller, die wollen ein optimales Fahrzeug beispielsweise für Paketzusteller, für Shuttleservices oder Handwerksbetriebe bauen“, erklärt Stefan Ender, neben Poernbacher der zweite Managing Director von DeepDrive. „Bisher sind solche Entwicklungen sehr teuer, denn man muss für jedes Modell die Plattform, also den Unterbau mit Antrieb und Batterien, entwerfen, realisieren und testen. Das brachte uns auf die Idee, eine Plug & Play-Lösung zu entwickeln – eine Plattform, auf der die Hersteller aller Fahrzeuge aufbauen können.“ Damit war die Business-Idee für das Start-up DeepDrive geboren.

Ganz neu war diese freilich nicht: Große Automobilunternehmen haben ihre eigenen Plattformen, auf die dann verschiedene Modelle montiert werden können. Die DeepDrive-Gründer wollen jedoch mehr: Die Plattform soll vollkommen skalierbar werden, also in ihrer Größe anpassbar an die Wünsche der Kunden, der Antrieb kompakt und leichter als bisherige Modelle.

Materialsparend und leicht

Mit ihrer Idee wandten sich die Absolventen im Frühjahr 2021 an die TUM Gründungsberatung. Sie nahmen an XPLORE teil, dem Pre-Incubator-Programm von UnternehmerTUM, dem Zentrum für Innovation und Gründung. Das Programm bietet Unterstützung dabei, die Unternehmensgründung vorzubereiten, den Markt zu evaluieren und Kontakte mit potenziellen Kunden zu knüpfen. Kurz darauf baute das Team den ersten Prototypen – eine Plattform, die an ein überdimensionales Skateboard erinnert, in dessen flachen Rahmen die Batterien integriert sind.

Das Herzstück der Plattform ist ein neu konzipierter, hocheffizienter Antrieb. Er besteht aus zwei Radnaben-Motoren mit integrierter Motorsteuerung, welche die Hinterräder antreiben. Da durch den Direktantrieb weder Getriebe noch Achse benötigt werden, ist die Konstruktion materialsparend und damit leicht. Die Motoren haben dank eines neuen Designs nicht nur einen hohen Wirkungsgrad, sondern sind auch robust. Mit der Technik, die bereits zum Patent angemeldet wurde, sei es möglich, die Reichweite um 20 Prozent im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik zu steigern, so Stefan Ender. Bereits im Mai 2021 wurde DeepDrive offiziell gegründet.

Anbindung an die Spitzenforschung

Das junge Unternehmen wird von den TUM Venture Labs gefördert. Die TUM Venture Labs bieten Gründungsteams unter anderem eine unmittelbare Anbindung an die Spitzenforschung, Expertinnen und Experten mit einem tiefen Verständnis für den spezifischen Markt, technische Infrastruktur sowie Zugang zu globalen Netzwerken aus Unternehmen und Kapitalgebern.

Mittlerweile ist das Team auf acht Mitglieder gewachsen, die den Radnabenmotor zur Serienreife bringen und die Plattform weiterentwickeln. Bis Ende des Jahres soll sich die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf über 20 erhöhen. Das Interesse der Automobilunternehmen im In- und Ausland sei groß, berichtet Ender: „Die Plattform gibt den Herstellern von Elektrofahrzeugen die Möglichkeit, sich darauf zu konzentrieren, Fahrzeuge zu bauen, die den Wünschen ihrer Kunden entsprechen, ohne sich um die Antriebstechnik kümmern zu müssen.“ DeepDrive konnte bereits Kapitalgeber für sich gewinnen. Unter anderen hat der Venture Capital Fonds von UnternehmerTUM, UVC Partners, in das Start-up investiert.

Mehr Informationen:

Jedes Jahr werden an der TUM 70 bis 80 technologieorientierte Unternehmen gegründet. TUM und UnternehmerTUM unterstützen Start-ups mit Programmen, die exakt auf die einzelnen Phasen der Gründung zugeschnitten sind – von der Konzeption eines Geschäftsmodells bis zum Management-Training, vom Markteintritt bis zum möglichen Börsengang. Die TUM Venture Labs bieten Gründungsteams aus bedeutenden Wissenschaftsfeldern ein ganzes Ökosystem in unmittelbarer Anbindung an die Forschung. Bis zu 30 Teams können Büros im TUM Incubator nutzen, um sich auf den Start ihres Unternehmens vorzubereiten. UnternehmerTUM investiert mit einem eigenen Venture Capital Fonds in vielversprechende Technologieunternehmen und bietet mit dem MakerSpace eine 1.500 Quadratmeter große Hightech-Werkstatt für den Prototypenbau. Diese Förderung ist laut „Gründungsradar“ die beste an den großen deutschen Hochschulen.

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