Unfallschutz in der Frontscheibe

Das multifunktionale System unterscheidet zwischen Dämmerung und Nebel. Es besteht aus einer Infrarot-LED und zwei Sensoren (rechts und links vorne) sowie einer Kamera. (© Fraunhofer IZM)<br>

Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Wie Studien belegen, ist dies auch den vielen neuen Fahrerassistenzsystemen zu verdanken, die schneller reagieren als der Mensch.

Sie erkennen Risiken, warnen vor Gefahren und unterstützen den Fahrer in kritischen Situationen. Radarsensoren etwa scannen den umgebenden Verkehr und überwachen den toten Winkel oder wahren den Sicherheitsabstand zum Vorausfahrenden. Infrarotdetektoren verbessern die Nachtsicht und Müdigkeitssensoren schlagen bei drohendem Sekundenschlaf Alarm.

Um die Umgebung während der Fahrt zu überwachen, kommen inzwischen auch komplexe Systeme zum Einsatz. Sie sind nicht nur mit einer Kamera, sondern zudem mit Sensoren ausgestattet. Diese Systeme erfassen schwer einsehbare Fahrzeugbereiche – etwa beim Einparken – und werten die Kamerabilder automatisiert aus. Sie sind zwischen der Frontscheibe und dem mittleren Rückspiegel angebracht.

Neben den bildgebenden Daten liefern sie Informationen über die Lichtverhältnisse der Umgebung, beispielsweise unterscheiden sie zwischen Dämmerung und Nebel. Die Sensoren interpretieren die optischen Daten und analysieren die Wetterbedingungen. Allerdings finden sich solche Hightechsysteme bisher nur in hochpreisigen Fahrzeugen, für Mittelklasse- und Kleinwagen waren sie zu teuer. Der Grund: Bei herkömmlichen Komponenten kommt es im Dauereinsatz zu Messungenauigkeiten – die integrierten LEDs verändern mit der Zeit ihre Leuchtstärke, die erforderlichen Lichtdetektoren ihre Sensibilität. Nur teure Komponenten konnten diese Effekte bislang ausgleichen.

Dies soll sich jetzt ändern: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin haben im EU-Projekt »ADOSE« gemeinsam mit Centro Ricerche Fiat und dem Chiphersteller STMicroelectronics ein Sensorsystem entwickelt, das sich auch für Autos der Mittelklasse und für Kleinwagen preiswert fertigen lässt. »Unser multifunktionales System besteht aus einer kompletten Kamera, zwei mit Fresnel-Linsen ausgestatteten Sensoren zum Detektieren von Lichtsignalen und einer Infrarot-LED. Da Nebel und Dämmerung optisch identische Spektren aufweisen können, ist es schwierig, diese beiden Lichtphänomene voneinander zu unterscheiden. Deshalb sendet die Infrarot-LED Lichtwellen aus, die bei Nebel zurückgestreut werden, nicht aber bei Dämmerlicht«, erläutert Dr.-Ing. Henning Schröder, Gruppenleiter am IZM. »Besonders diffizil ist es, das Lichtsignal aus einem weiten Öffnungswinkel einzufangen, zu bündeln und über die Leiterplatte auf die vier Ecken des Kamerachips zu leiten. Denn die Mitte des Chips ist für die Aufnahme des Kamerabilds reserviert«, so Schröder. Um dies zu ermöglichen, haben der Forscher und sein Team im Heißprägeverfahren Lightpipes entwickelt. Das sind hohle, verspiegelte Röhrchen, die das Lichtsignal sogar um bis zu 90 Grad umlenken können. Bislang wurden Lichtleitfasern für die Signalübertragung verwendet. Diese brechen jedoch bei geringen Biegeradien, sind teuer und müssen in aufwändiger Handarbeit montiert werden.

»Mit den Lightpipes ist es uns gelungen, die optische Signalübertragung effizienter zu gestalten, das komplette System zu verkleinern und somit die Kosten zu senken«, sagt der Forscher. Durch die Heißprägung lassen sich mehrere optische Kanäle in einem Durchgang fertigen, die Montage wird also deutlich vereinfacht. Der Clou: Das System der IZM-Wissenschaftler ist skalierbar, es lässt sich um weitere Lightpipes erweitern – etwa um Sonneneinstrahlung zu erfassen.

Die Experten vom IZM haben nicht nur die Lightpipes, sondern auch die Fresnel-Linsen entwickelt. Zudem zeichnen sie für das Design des Sensormoduls verantwortlich, das per Rapid Prototyping realisiert wurde. Ein Prototyp des Sensormoduls liegt bereits vor. Centro Ricerche Fiat prüft ihn derzeit in einem ersten Feldtest.

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Dr.-Ing. Henning Schröder Fraunhofer Mediendienst

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