Zur Abwehr gefährlicher Mikroorganismen – Die parasitische Juwelwespe desinfiziert ihre Nahrung
Die Larven dieser Wespenart verwenden ein antimikrobiell wirksames Sekret, um die Wirtsschabe von innen zu desinfizieren. Dies haben Forscher der Universität Regensburg herausgefunden. Die Beobachtungen des Teams um Dr. Gudrun Herzner vom Institut für Zoologie sind vor Kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „PNAS“ erschienen.
Hygiene ist bei der Ernährung besonders wichtig. Dies gilt nicht nur für den Menschen. Durch Mikroorganismen kontaminierte Nahrung stellt auch für Tiere ein großes Problem dar. So können Mikroben essentielle Nahrungskomponenten zerstören oder vergiften und so zu schweren Krankheiten führen, wenn sie beim Verzehr aufgenommen werden.
Im Reich der Insekten sammeln gerade Schaben aufgrund ihrer unhygienischen Lebensweise eine Reihe schädlicher Mikroorganismen auf, die sie dann mit sich herumtragen und so verbreiten. Ein Beispiel ist das Bakterium Serratia marcescens, das als gefürchteter Krankenhauskeim bekannt ist und auch bei Insektenlarven zum raschen Tod führen kann.
Die Larve der Juwelwespe Ampulex compressa steht deshalb vor einem besonderen Problem. Denn für ihr Wachstum greift sie ausschließlich auf die amerikanische Großschabe als Wirtstier zurück. Wespenweibchen fangen die Schaben und versetzen sie durch Injektion ihres Giftes in einen lethargischen Zustand. So kann das Wespenweibchen die Schabe in eine Nisthöhle ziehen, wo sie ein Ei auf die Schabe ablegt. Die Larve ernährt sich zunächst von der Hämolymphe (dem „Blutersatz“ bei Insekten) und später vom inneren Gewebe der Schabe.
Nachdem die Schabe fast komplett leer gefressen ist, spinnt sich die Larve im Inneren der Schabe in einen Kokon ein, aus dem sie nach einigen Wochen als erwachsene Wespe schlüpft. Die Schabe stellt also während der gesamten Zeitspanne sowohl Nahrung als auch Mikrohabitat des Larvennachwuchses dar.
Um ihr Überleben im Inneren der Schabe zu sichern, nutzen die Larven von Ampulex compressa ein Gemisch aus antimikrobiell wirksamen Substanzen. Das Sekret wird oral abgesondert und desinfiziert das Wirtstier von innen. Herzner und ihre Kolleginnen und Kollegen haben die Zusammensetzung des Sekretes analysiert. Die beiden Hauptkomponenten – das Isocoumarin (R)-(-)-Mellein und das γ-Lacton Micromolid – weisen durch ihr Zusammenwirken eine Breitbandaktivität gegen Gram-negative und Gram-positive Bakterien, Mycobakterien, Pilze und Viren auf und gewährleisten so das Überleben des Wespennachwuchses. Das Lacton Micromolid wurde zudem bereits in anderen Studien als potentielles Antibiotikum gegen Tuberkulose beim Menschen identifiziert.
Die Evolution hat zahlreiche faszinierende Mechanismen der Mikrobenabwehr hervorgebracht. Die Untersuchung der antimikrobiellen Strategien von Insekten und die damit zusammenhängende Isolierung und Analyse biologisch aktiver Naturprodukte erweitert unser Wissen über mögliche Mechanismen der Mikrobenabwehr. Auf dieser Grundlage können auch neue Lösungsansätze für den Umgang mit schädlichen Mikroben im Allgemeinen entwickelt werden. Ob sich die neusten Erkenntnisse der Regensburger Forscher auch auf den Menschen übertragen lassen, bleibt somit abzuwarten.
Der Originalartikel in „PNAS“ (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) unter:
http://www.pnas.org/content/early/2013/01/02/1213384110.full.pdf+html
Ansprechpartnerin für Medienvertreter:
Dr. Gudrun Herzner
Universität Regensburg
Institut für Zoologie
Tel.: 0941 943-2997
Gudrun.Herzner@biologie.uni-regensburg.de
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…