Abwehrsystem automatisch aufgeschlüsselt

Allgemeiner Aufbau eines CRISPR-cas-Systems. Die Klassifizierung basiert auf der Komposition der CRISPR-assoziierten Proteine (cas). Grafik: Rolf Backofen

Es ist ein Kampf, der seit Urzeiten herrscht – im Wasser, auf der Erde und sogar auf der Haut und im Magen des Menschen: Wenn Viren, die so genannten Bakteriophagen oder kurz Phagen, Bakterien befallen, können sie Schaden anrichten.

Aktuelle Studien legen nahe, dass Phagen eine Rolle bei chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn spielen könnten. Doch Bakterien sind anpassungsfähig: Sie verändern ihr Immunsystem, als CRISPR-Cas bezeichnet, um sich zu schützen. Erstmals ist es nun einer Gruppe um den Freiburger Bioinformatiker Prof. Dr. Rolf Backofen gelungen, die mehr als 2.000 bekannten CRISPR-Abwehrsysteme von Bakterien zu klassifizieren.

Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Omer S. Alkhnbashi und Fabrizio Costa, seiner Mitarbeiterin Sita J. Saunders sowie mit dem US-amerikanischen National Center for Biotechnology Information hat der Forscher die CRISPR-Cas-Systeme in zwei Klassen, fünf Typen und 16 Subtypen unterteilt. Dazu nutzte das Team eine selbstentwickelte Software: „Basierend auf maschinellem Lernen ist unser Programm imstande, jedes neue Abwehrsystem automatisch zu klassifizieren“, sagt der Bioinformatiker. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Microbiology“ erschienen.

Die Viren nutzen eine schwer zu schlagende Waffe: Sie entwickeln sich schnell und können sich dadurch immer neuen Wirten anpassen. Die Bakterien jedoch können sich zur Wehr setzen. Sie haben ein so genanntes adaptives Immunsystem. Das bedeutet, dass Bakterien, die eine Phageninfektion überlebt haben, sich gegen weitere Infektionen desselben Erregers schützen können.

Dazu nutzen sie das System CRISPR-Cas. Es basiert auf Ribonukleinsäure, die für die Biosynthese von Proteinen verantwortlich ist. Bakterien integrieren ein kurzes Stück der ursprünglichen Viren-DNA in ihr CRISPR-System. Jede eindringende DNA, die eine große Ähnlichkeit mit diesem gespeicherten Stück aufweist, wird vom Bakterium umgehend unschädlich gemacht. Diese Immunität, also die Information im CRISPR-Cas-System, können verschiedene Bakterien auch über den so genannten horizontalen Gen-Transfer miteinander teilen – sie impfen sich sozusagen gegenseitig.

Die Flexibilität macht die Klassifikation verschiedener CRISPR-Systeme schwierig – bisher war diese Arbeit nur durch mühsame manuelle Analyse möglich. Die von Backofens Team entwickelte Software verarbeitet und analysiert unzählige Datenmengen in kurzer Zeit. So können mehr als 20.000 Proteinsequenzen in fünf Minuten analysiert werden.

„Insbesondere ist es nun auch möglich, Bakterien zum Beispiel im Magen oder auf der Haut als Ganzes zu sequenzieren und nach den vorhandenen Bakteriophagen-Immunitäten, also CRISPR-Systemen, zu untersuchen“, sagt der Forscher.

Aber das CRISPR-cas System ist auch biotechnologisch von Bedeutung. So wurden bereits vor zwei Jahren Bausteine eines CRISPR-cas Systems kombiniert, um eine neue und zuverlässigere Technologie für das Editieren von Genomen zu etablieren. Diese Technologie ist nun weltweiter Standard und hat die alten Verfahren fast komplett ersetzt. Die Klassifizierung der Abwehrsysteme erleichtert die Suche nach neuen biotechnologisch einsetzbaren Systemen erheblich.

Originalveröffentlichung:
Kira S. Makarova, Yuri I. Wolf, Omer S. Alkhnbashi, Fabrizio Costa, Shiraz A. Shah, Sita J. Saunders, Rodolphe Barrangou, Stan J. J. Brouns, Emmanuelle Charpentier, Daniel H. Haft, Philippe Horvath, Sylvain Moineau, Francisco J. M. Mojica, Rebecca M. Terns, Michael P. Terns, Malcolm F. White, Alexander F. Yakunin, Roger A. Garrett, John van der Oost, Rolf Backofen, Eugene V. Koonin (2015): An updated evolutionary classification of CRISPR–Cas systems In: Nature Reviews Microbiology. doi:10.1038/nrmicro3569

Kontakt:
Prof. Dr. Rolf Backofen
Institut für Informatik
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-7461
E-Mail: backofen@informatik.uni-freiburg.de

Weitere Informationen:

https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2015/pm.2015-10-16.150

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Rudolf-Werner Dreier Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

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