Aktivierung der angeborenen Immunität: Wichtiges Puzzleteil gefunden

Die Forschenden kamen der Funktion von TLR7 mithilfe eines breiten Spektrums an Technologien auf die Spur. | © Jan Greune (LMU)

LMU-Forschende haben das komplexe Zusammenspiel verschiedener Enzyme rund um den Toll-like-Rezeptor 7 (TLR7) entschlüsselt, der eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Viren spielt.

Bei der angeborenen Immunabwehr von Viren ist der Toll-like-Rezeptor 7 (TLR7), der in dendritischen Zellen des Immunsystems zu finden ist, von zentraler Bedeutung. Dort erkennt TLR7 einzelsträngige virale und andere fremde RNA und aktiviert die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren. Fehlfunktionen dieses Rezeptors spielen etwa bei Autoimmunerkrankungen eine Rolle. Umso wichtiger ist, den genauen Mechanismus der Aktivierung von TLR7 zu kennen und bestenfalls zu modulieren.

Forschende um Professor Veit Hornung und Marleen Bérouti vom Genzentrum und vom Department für Biochemie der LMU München ist es nun gelungen, tiefere Einblicke in den komplexen Aktivierungsmechanismus zu gewinnen. Aus früheren Daten war bereits bekannt, dass komplexe RNA-Moleküle erst einmal zerschnitten werden müssen, damit sie von dem Rezeptor erkannt werden können. Die Forscher konnten mithilfe eines breiten Spektrums an Technologien, von der Zellbiologie bis zur kryogenen Elektronenmikroskopie, aufzeigen, wie einzelsträngige Fremd-RNA prozessiert wird, um von TLR7 detektiert zu werden. Mit molekularbiologischen Methoden und mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie konnten sie nun zeigen, wie einzelsträngige Fremd-RNA TLR7 präsentiert wird. Ihre Arbeit ist im Fachmagazin Immunity erschienen.

An der Erkennung von Fremd-RNA sind zahlreiche Enzyme beteiligt

Das Immunsystem hat sich im Laufe der Evolution darauf spezialisiert, Krankheitserreger an ihrem Erbgut zu erkennen. So wird zum Beispiel der Immunrezeptor TLR7 durch virale RNA stimuliert. RNA-Moleküle aus Viren kann man sich als lange Fäden vorstellen, die aber als Liganden für den Immunrezeptor TLR7 viel zu groß wären, um erkannt zu werden. Hier kommen deswegen sogenannte Nukleasen zum Einsatz – molekulare Schneidewerkzeuge, die den „RNA-Faden“ in kleine Stücke zerschneiden. Endonukleasen zerschneiden die RNA-Moleküle wie eine Schere in der Mitte, während Exonukleasen den Faden von einem Ende her abbauen. Bei diesem Prozess entstehen unterschiedliche RNA-Schnipsel, die nun an zwei verschiedene Taschen des TLR7-Rezeptors binden können. Erst wenn beide Bindungstaschen des Rezeptors mit diesen Produkten besetzt sind, wird schließlich eine Signalkaskade in Gang gesetzt, welche die Zelle aktiviert und einen Alarmzustand auslöst.

Die Forschenden fanden heraus, dass die RNA-Erkennung durch TLR7 die Aktivität der Endonuklease RNase T2 zusammen mit den Exonukleasen PLD3 und PLD4 (Phospholipase 3 und 4) erfordert. „Dass diese Enzyme RNAs abbauen können, war zwar bekannt“, so Hornung. „Dass sie jedoch zusammenspielen und dadurch den Rezeptor TLR7 aktivieren, konnten wir nun nachweisen.“

Das Immunsystem ausbalancieren

Die Forschenden entdeckten auch, dass die PLD-Exonukleasen eine Doppelrolle innerhalb von Immunzellen haben. Im Falle von TLR7 wirken sie entzündungsfördernd, bei einem weiteren TLR-Rezeptor, nämlich TLR9, aber entzündungshemmend. „Diese Doppelrolle der PLD-Exonukleasen deutet auf ein fein abgestimmtes Gleichgewicht hin, um angemessene Immunantworten zu steuern“, erklärt Bérouti. „Die gleichzeitige Förderung und Hemmung der Entzündung durch diese Enzyme könnte als wesentlicher Schutzmechanismus dienen, um Störungen des Systems zu verhindern.“ Welchen Einfluss weitere Enzyme auf diesen Signalweg haben könnten und ob sich die beteiligten Moleküle als Zielstrukturen für Therapien eignen, ist Thema weiterer Untersuchungen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Professor Dr. Veit Hornung
Genzentrum / Department für Biochemie
Ludwig-Maximilians-Universität München
hornung@genzentrum.lmu.de
Tel. +49 89 2180 71109

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