Anpassung an extreme Klimazonen ermöglicht eine unerwartete Pflanzenvielfalt
Trockengebiete:
Forschende veröffentlichen in der Fachzeitschrift „Nature“ eine neue Studie über die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen in trockenen Regionen.
In einer großen internationalen Studie haben Wissenschaftler*innen, darunter Dr. Pierre Liancourt, Pflanzenökologe am Naturkundemuseum Stuttgart, untersucht, wie sich Pflanzen in Trockengebieten an diese extremen Lebensräume angepasst haben. Acht Jahre lang sammelten über 120 Forschende aus 27 Ländern Proben von zahlreichen, ausgewählten Trockengebieten auf sechs Kontinenten. Dies ermöglichte die Analyse von über 1300 Beobachtungsreihen und mehr als 300 Pflanzenarten. Die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass Pflanzen in Trockengebieten verschiedenste Anpassungsstrategien anwenden. Diese Vielfalt nimmt überraschenderweise mit dem Grad der Trockenheit zu.
Einzelner Baum in der Wüste von Namibia. (c) Lixin Wang
Die Isolierung der Pflanzen in trockenen Gebieten scheint den Wettbewerb zwischen den Arten verringert zu haben, so dass diese eine weltweit einzigartige Vielfalt an Formen und Funktionen entwickeln konnten. „Diese Studie zeigt die Bedeutung der Trockengebiete als globales Reservoir für die Vielfalt der Pflanzen. Sie bietet einen neuen Blickwinkel auf die Pflanzenarchitektur, die Anpassung von Pflanzen an extreme Lebensräume, die historische Besiedlung terrestrischer Lebensräume durch Pflanzen und die Fähigkeit von Pflanzen, auf aktuelle globale Veränderungen zu reagieren“ so Dr. Pierre Liancourt.
Die Untersuchung ist die erste dieser Art weltweit. Eine zentrale Hypothese zu Beginn der Studie war, dass die Trockenheit die Pflanzenvielfalt durch Selektion verringern würde. Die Wissenschaftler*innen stellten jedoch fest, dass in den trockensten Weidegebieten der Erde das Gegenteil der Fall ist. Die Pflanzen weisen hier stattdessen ein breites Spektrum an individuellen Anpassungsstrategien auf. Einige Pflanzen haben beispielsweise einen hohen Kalziumgehalt entwickelt, der die Zellwände als Schutz vor Austrocknung stärkt. Andere enthalten hohe Salzkonzentrationen, die die Transpiration verringern.
„Viele Gebiete auf der Erde sind durch verstärkte Trockenheit, Weidedruck und Wüstenbildung bedroht. Wir müssen verstehen, wie Pflanzen auf solche Belastungen reagieren, um die empfindlichen Ökosysteme und ihre biologische Vielfalt zu schützen. Obwohl in Trockengebieten auf lokaler Ebene weniger Arten zu beobachten sind als in anderen Regionen der Erde, insbesondere in gemäßigten oder tropischen Zonen, weisen die dortigen Pflanzen eine außerordentliche Vielfalt an Formen, Größen und Funktionen auf, die doppelt so groß ist wie in gemäßigten Klimazonen“, so Dr. Pierre Liancourt.
Trockengebiete sind definiert als tropische und gemäßigte Zonen mit einem Trockenheitsgrad von unter 0,65. Sie bedecken 45 % der terrestrischen Fläche der Erde und beherbergen ein Drittel der Weltbevölkerung. Sie umfassen beispielsweise die mediterrane Landschaft, Steppen, Savannen und Wüsten.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Pierre Liancourt, Abteilung Botanik
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Germany
Tel.: +49/(0)711/89 36/210
E-Mail: pierre.liancourt@smns-bw.de
Dr. Pierre Liancourt steht Ihnen für weiterführende Informationen und Interviews gerne zur Verfügung.
Originalpublikation:
Gross, N., Maestre, F.T., Liancourt, P. et al. Unforeseen plant phenotypic diversity in a dry and grazed world. Nature (2024). 07.08.2024.
DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-024-07731-3
Veröffentlichungsdatum: 07.08.2024
Weitere Informationen:
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