Aufladen der Zukunft: Batterien für extreme Kälte dank negativer thermischer Ausdehnung
Die meisten Feststoffe dehnen sich aus, wenn die Temperatur steigt, und schrumpfen, wenn sie abkühlen. Manche Materialien zeigen jedoch das Gegenteil und dehnen sich bei Kälte aus. Lithiumtitanphosphat ist eine solche Substanz und könnte eine Lösung für das Problem des starken Leistungsverlusts von Lithium-Ionen-Batterien in kalten Umgebungen bieten. In der Fachzeitschrift Angewandte Chemie hat ein chinesisches Team seine Eignung für den Einsatz in Elektroden wiederaufladbarer Batterien nachgewiesen.
Temperaturen als Herausforderung für Lithium-Ionen-Batterien in kalten Umgebungen
Lithium-Ionen-Batterien und andere wiederaufladbare Batterien auf Basis von Metallionen versorgen unsere tragbaren Geräte mit Strom, treiben Fahrzeuge an und speichern Solar- und Windenergie. Sie funktionieren gut – solange es warm ist. Sinkende Temperaturen können die Leistung dieser Batterien jedoch drastisch verringern, was ein Problem für Elektrofahrzeuge, die Luft- und Raumfahrt sowie militärische Anwendungen darstellt. Gegenmaßnahmen wie integrierte Heizungen, verbesserte Elektrolyte oder Elektrodenbeschichtungen erhöhen die Kosten und die Komplexität der Batteriefertigung oder verringern die Leistung.
Zusammenarbeit für einen nachhaltigen Ansatz zur Temperaturresistenz
Eine der Ursachen für das Kälteproblem ist die verlangsamte Diffusion von Lithium-Ionen im Elektrodenmaterial. Ein Team der Donghua-Universität und der Fudan-Universität in Shanghai sowie der Inneren Mongolei-Universität in Hohhot hat einen neuen Ansatz zur Lösung dieses Problems vorgeschlagen: Elektroden aus elektrochemischen Energiespeichermaterialien mit negativer thermischer Ausdehnung (NTE), wie Lithiumtitanphosphat (LiTi₂(PO₄)₃, kurz LTP). Unter der Leitung von Liming Wu, Chunfu Lin und Renchao Che verwendete das Team LTP als Modellsystem, um zu demonstrieren, dass Elektrodenmaterialien mit NTE-Eigenschaften bei niedrigen Temperaturen gute Leistungen erbringen können.
Die Analyse der Kristallstruktur zeigte ein dreidimensionales Gitter aus TiO₆-Oktaedern und PO₄-Tetraedern mit einer offenen, flexiblen Struktur, die sowohl „Hohlräume“ als auch „Kanäle“ enthält, in denen sich Lithium-Ionen einlagern können. Beim Abkühlen dehnt sich die Struktur entlang einer ihrer Kristallachsen aus. Mithilfe spektrometrischer und elektronenmikroskopischer Analysen sowie computergestützter Modellierung stellte das Team fest, dass sich die Schwingungsmodi der Atome bei niedrigen Temperaturen verändern. Dies führt zu speziellen Querbewegungen bestimmter Sauerstoffatome, die ihre Abstände zueinander vergrößern und die Hohlräume im Gitter erweitern. Dadurch wird die Speicherung und der Transport der Lithium-Ionen erleichtert. Bei −10 °C liegt die Diffusionsrate immer noch bei 84 % des Werts, der bei 25 °C gemessen wurde. Elektrochemische Tests an kohlenstoffbeschichtetem LTP bei −10 °C zeigten ebenfalls eine gute elektrochemische Leistung mit hoher Kapazität, hoher Lade- und Entladerate sowie einer hohen Kapazitätserhaltung über 1000 Lade-/Entladezyklen hinweg.
Eine geeignete Lösung für kalte Umgebungen
Materialien mit negativer thermischer Ausdehnung sind daher äußerst vielversprechend für den Einsatz als Elektrodenmaterial in Lithium-Ionen-Batterien in kalten Umgebungen.
Über den Autor
Dr. Chunfu Lin ist außerordentlicher Professor für Physik an der Donghua-Universität und arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich Energiespeicherung und -umwandlung.
Originalpublikation
Dr. Qiao Li, Dr. Liting Yang, Dr. Guisheng Liang, Dr. Jiahui Yu, Dr. Shaowu Huang, Prof. Liming Wu, Prof. Chunfu Lin, Prof. Renchao Che
Journal: Angewandte Chemie
Titel: Negative Thermal Expansion Behavior Enabling Good Electrochemical-Energy-Storage Performance at Low Temperatures
Veröffentlichungsdatum: 09. Dezember 2024
DOI: https://doi.org/10.1002/anie.202419300
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