Bakterien unter Stress

The figure shows a section of the structure of the bacterial mechanosensitive channel YnaI. The picture shows a portal that salt ions have to pass.
AG Boettcher, RVZ

Bakterien nutzen in Stresssituationen spezielle Ionenkanäle zur Abwehr. Deren Funktionsweise zu verstehen liefert die Grundlage um schädliche Bakterien bekämpfen zu können. Wie zwei von diesen Kanälen aufgebaut sind und sich öffnen konnte nun eine Würzburger Forschungsgruppe in Kooperation mit der ETH Zürich und der University of Oxford entschlüsseln. Die Ergebnisse wurden in dem renommierten Fachjournal PNAS veröffentlicht.

Wenn es zu regnen anfängt, kann das für Bakterien eine gefährliche Situation sein. Durch die sinkenden Salzkonzentrationen in der Umgebung strömt Wasser zum Ausgleich in die Zelle mit der höheren Ionenkonzentration und bringt die Zelle zum Platzen. Als Abwehrmechanismus besitzt das Bakterium Escherichia coli ganze sieben unterschiedliche Sorten von Kanälen in der Zellmembran. Diese Kanäle funktionieren wie Türen und können Ionen in die Zelle hinein, oder aus der Zelle heraus schleusen.

Den genauen molekularen Aufbau von zwei weiteren dieser Kanäle mithilfe von Elektronen-Kryomikroskopie zu entschlüsseln, das gelang nun der Forschungsgruppe von Prof. Bettina Böttcher vom Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg in einer internationalen Kooperation mit den Gruppen von Prof. Rainer Hedrich der Universität Würzburg, Prof. Mark Sansom von der University of Oxford und Prof. Renato Zenobi von der ETH Zürich.

Durch die Kenntnis der hochaufgelösten Strukturen können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum einen die verschiedenen Kanäle unterscheiden und zum anderen besser verstehen wie genau der Öffnungsmechanismus, also die „Türklinke“ funktioniert. „Nur, wenn wir bakterielle Abwehrmechanismen im Detail verstehen, können wir erfolgreich pathogene Bakterien bekämpfen.“, betont Böttcher. „Außerdem sind mechanosensitive Kanäle auch an anderen wichtigen biologischen Funktionen beteiligt, wie zum Beispiel Blutdruckregulation und Hören. Deren grundlegende Mechanismen sind aber bisher nur unzureichend erforscht. Deswegen ist Grundlagenforschung hier so wichtig.“, ergänzt Dr. Tim Rasmussen, der als Postdoktorand in der Arbeitsgruppe Böttcher forscht.

Personen
Prof. Dr. Bettina Böttcher ist Professorin für Biochemie und leitet seit 2016 eine Forschungsgruppe am Lehrstuhl für Biochemie und am Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg.

Dr. Tim Rasmussen forscht als Postdoktorand in der Arbeitgruppe von Bettina Böttcher am Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Bettina Böttcher (Rudolf-Virchow-Zentrum, Universität Würzburg)
Tel.: +49 (0)931 31 84193, bettina.boettcher@uni-wuerzburg.de

Dr. Tim Rasmussen (AG Böttcher, Rudolf-Virchow-Zentrum)
Tel.: +49 (0)931 31 89659, tim.rasmussen@uni-wuerzburg.de

Originalpublikation:

Vanessa Judith Flegler, Akiko Rasmussen, Shanlin Rao, Na Wu, Renato Zenobi, Mark S.P. Sansom, Rainer Hedrich, Tim Rasmussen and Bettina Böttcher; The mechanosensitive MscS-like channel Ynal has a gating mechanism based on flexible pore helices. PNAS (November 2020)

Weitere Informationen:

https://www.uni-wuerzburg.de/de/rvz/neuigkeiten/single/news/bakterien-unter-stre…

Media Contact

Dr. Judith Flurer Public Science Center
Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium

… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…

Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl

Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…

Klimawandel bedroht wichtige Planktongruppen im Meer

Erwärmung und Versauerung der Ozeane stören die marinen Ökosysteme. Planktische Foraminiferen sind winzige Meeresorganismen und von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane. Eine aktuelle Studie des Forschungszentrums CEREGE in…