Nanospalten, molekulare Rührer und Relais

Ansatzpunkte für die künstliche Photosynthese

Winzige Hohlräume in Enzymen und Rezeptoren sind der Ort, an dem biochemische Reaktionen ablaufen. Solche nur einige Millionstel Millimeter messenden „Nanospalten“ lassen sich beispielsweise auch in künstlichen Membranen erzeugen und könnten für katalytische Reaktionen genutzt werden. Im Laufe ihrer Untersuchungen machte eine Berliner Forschergruppe um Jürgen-Hinrich Fuhrhop eine überraschende, bisher einmalige Beobachtung: Wasserlösliche Substanzen, die bestimmte Strukturelemente des Zuckers Glucose enthalten, werden in künstlichen Membranlücken wochenlang fest gehalten, auch wenn sie im Kontakt mit Wasser stehen, das die Substanz nicht enthält. Dem „Glucosetyp“ entsprechen einige Sechs- und Fünfring-Moleküle, die alle eine hydrophile (wasserfreundliche) und eine hydrophobe (wasserabweisende) Kante ober- und unterhalb oder links und rechts von der starren Ringebene aufweisen. Mit der hydrophoben Kante lagern sie sich fest an die ebenfalls hydrophoben Wände der Membranlücke an und kleiden diese vollständig aus. Mit ihrer hydrophilen Kante binden sie Wassermoleküle. Das Besondere dabei: Diese Kante passt genau zu der hexagonalen Struktur, die Wassers in gefrorenem Zustand einnimmt. Alle Wassermoleküle in der Nanospalte werden so in der Eisstruktur fixiert. Über Wochen können weder die Glucosetyp-Moleküle, deren wirksamste Vertreter Cellobiose, Tyrosin und Ascorbinsäure sind, aus der wassergefüllten Membranlücke in das benachbarte Volumenwasser austreten, noch gelangen Salze in die Spalte hinein. „Dieses Phänomen könnte eine Rolle bei der Erkennung der Zuckermuster bestimmter Botenstoffe an Zelloberflächen spielen,“ vermutet Fuhrhop.

10 % Ethanol im Volumenwasser zerstören die „Eisstruktur“ in der Membranlücke. Ebenso wirkt ein schmales organisches Ion (Dimethylviologen), das von einem angelegten elektrischen Potenzial in die Lücke gezogen und durch zyklische Veränderungen des Potenzials bewegt wird. Innerhalb weniger Minuten „rührt“ das Molekül die Spalte frei. Auch für diese Phänomene finden sich Analoga in der Natur: Die reversible Membran-Zerstörung durch Alkohol und über den zellulären Energieträger ATP getriebene „Rührer“.
Fuhrhop hofft, mit seinen Membranspalten ein künstliches Photosynthese-System entwickeln zu können. Die unbeweglichen Tyrosin- und Ascorbinsäure-Moleküle am Rand der Nanospalten bieten sich dabei als „Relais“ für den Elektronentransfer – einem wichtigen Schritt bei der Photosynthese – zwischen Molekülen am Boden und am Rand der Membranlücken an. Der molekulare Rührer könnte „verbrauchte“ Moleküle aus den Nanospalten hinaus befördern und so für Nachschub sorgen.


Kontakt: Prof. J.-H. Fuhrhop
FB Biologie, Chemie, Pharmazie
Institut für Chemie/Organische Chemie
Freie Universität Berlin
Takusstr. 3
D-14195 Berlin
Fax: (+49) 30-838-5589

E-Mail: fuhrhop@chemie.fu-berlin.de

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Dr. Kurt Begitt idw

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