Molekulare Architektur einer Protein-Transport-Maschine
Max-Planck-Biophysiker entschlüsseln Protein-Transport-Maschinerie
Der Transport von Proteinen ist für alle lebenden Organismen von grundlegender Bedeutung. Proteine müssen an bestimmte Orte in der Zelle oder auch nach außen gebracht werden. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biophysik haben jetzt die Struktur einer weit verbreiteten Protein-Transport-Maschine aufgeklärt, die neue Einblicke ermöglicht, auf welche Weise Proteine durch Zellmembranen transportiert werden (Nature, 8. August 2002).
Das Überleben jeder Zelle hängt davon ab, ob alle in ihr erzeugten Genprodukte, die Proteine, jederzeit an der richtigen Stelle ankommen. So erzeugen bestimmte Zellen wichtige Proteine, die für die Sekretion bestimmt sind, wie z.B. Insulin. Doch allen Zellen gemeinsam ist ihre Begrenzung durch eine dünne Lipidschicht, die Zellmembran, die für Proteine prinzipiell unpassierbar ist. Zellen höherer Organismen sind zusätzlich noch in verschiedene Bereiche unterteilt, die ebenfalls durch derartige Lipid-Membranen voneinander getrennt sind. Alle Organismen benötigen daher spezielle Transportmaschinen, um neue Genprodukte durch die Membranen ihrer Zellen zu schleusen. Dieser Transportprozess muss fehlerfrei verlaufen und unterliegt deshalb genauester Kontrolle.
„Abb. 1: Draufsicht auf den SecYEG-Komplex in der Membran. Das Bild wurde aus elektronenmikroskopischen Aufnahmen zweidimensionaler Kristalle errechnet. Die blauen Stäbe zeigen die 15 membrandurchspannenden Strukturelemente in jeder der beiden Einheiten. Der Balken misst 2 nm. “ |
Bakterienzellen sind relativ einfach aufgebaut, und haben nur einen oder zwei Unterbereiche. Das wichtigste Protein-Transportsystem in bakteriellen Zellen ist das so genannte Sec-System (von Sekretion). Der Vergleich der Gensequenzen hat gezeigt, dass das Sec-System einem weit verbreiteten Transportsystem ähnlich ist, das in höheren Organismen und auch in menschlichen Zellen für den intrazellulären Proteintransport verantwortlich ist. Das Sec-System des Bakteriums Escherichia coli besteht aus drei Proteinen, die man als „SecY“, „SecE“ und „SecG“ bezeichnet.
Dieses System übernimmt die meisten Protein-Transportaufgaben im Bakterium sowie den Einbau bestimmter Proteine in die Membran selbst. Die transportierten Proteine enthalten eine Signalsequenz, die – ähnlich wie eine Postleitzahl – von der Transportmaschinerie erkannt wird. Die neuen Genprodukte werden dann durch einen Kanal geschleust, den die Sec-Maschine in der Membran bildet.
„Abb. 2:Seitenansicht des SecYEG-Komplexes. In der Mitte ist die Vertiefung sichtbar, die vermutlich den geschlossenen Transportkanal darstellt.“ |
Einer Arbeitsgruppe um Dr. Ian Collinson am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt/Main haben jetzt erste Bilder vom räumlichen Aufbau dieser Protein-Transport-Maschine in der Zellmembran gewonnen (s. Abb. 1 und 2). Den Forschern gelang es kleine, zweidimensionale Kristalle des Sec-Komplexes erzeugen und dessen räumliche Struktur mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie aufzuklären. Die ganze Transportmaschine misst lediglich 12 mal 6 Nanometer (1 Nanometer = ein Millionstel Millimeter).
Die Bilder zeigen, dass der Komplex aus zwei gleichen Sec-Einheiten besteht. Die Frankfurter Forscher gehen davon aus, dass diese Anordnung der aktiven Form des Sec-Komplexes in der lebenden Zelle entspricht. In jeder der beiden Einheiten haben sie 15 Strukturelemente entdeckt, die die Membran durchspannen. An der Grenzfläche zwischen den beiden Sec-Einheiten fanden sie eine Vertiefung, die sehr wahrscheinlich den geschlossenen Transportkanal darstellt. Sehr wahrscheinlich wird dieser Kanal durch einfache Umorientierung bestimmter Strukturelemente im Inneren des Sec-Komplexes geöffnet und geschlossen. Die Struktur der Sec-Transportmaschine ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Verständnis des Proteintransportes in allen Lebewesen.
Originalveröffentlichung:
Breyton C, Haase W, Rapoport TA, Kuhlbrandt W, Collinson I: Three-dimensional structure of the bacterial protein-translocation complex SecYEG. Nature 2002 Aug 8;418(6898):662-5
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Ian Collinson
Max-Planck-Institut für Biophysik, Frankfurt am Main
Tel.: 069 – 96769 – 372
Fax: 069 – 96769 – 359
E-Mail: Ian.Collinson@mpibp-frankfurt.mpg.de
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