Rotschimmelreis: ein natürlicher Farbstoff im Zwielicht


Rotschimmelreis wird in Ostasien traditionell zum Färben von Lebensmitteln benutzt. Auch in europäischen Ländern taucht dieses Produkt in letzter Zeit häufiger auf. Neueste Untersuchungen der Bundesanstalt für Fleischforschung (BAFF) in Kulmbach belegen aber, dass die Verwendung von Rotschimmelreis im Lebensmittelbereich nicht unproblematisch ist.

Rotschimmelreis, auch Rotreis, Angkak oder red koji genannt, wird durch Schimmelpilze der Gattung Monascus erzeugt. Diese Pilze bilden auf Reis oder anderen stärkereichen Substraten attraktive rote, orange und gelbe Farbstoffe. Da dem Rotschimmelreis auch konservierende Eigenschaften zugeschrieben werden, ist er in Deutschland als Alternative zum Nitrit in gepökelten Fleischwaren wie auch allgemein zum Färben von Lebensmitteln im Gespräch. Obwohl er juristisch gesehen als nicht zugelassener Lebensmittelzusatzstoff gilt, kann Rotschimmelreis in bestimmten Lebensmitteln bereits gefunden werden. Am Institut für Mikrobiologie und Toxikologie der BAFF konnte Dr. Dieter Wild ihn zum Beispiel in vegetarischen Sojawürstchen, in deren Zutatenliste „fermentiertes Reismehl“ aufgeführt war, nachweisen.

Problematisch wird der Zusatz von Rotschimmelreis dadurch, dass Monascus-Pilze neben den schönen Farbstoffen auch eine Reihe anderer Stoffwechselprodukte, unter anderem das Mykotoxin (Pilzgift) Citrinin bilden können. Dieser Stoff, der im Tierversuch bei chronischer Verabreichung Nierenschäden hervorruft, ist auch von Schimmelpilzen der Gattungen Penicillium und Aspergillus bekannt. In Laborversuchen mit selbst hergestelltem Rotschimmelreis ermittelte Wild Citrinin-Konzentrationen im Bereich von 600-800 mg/kg Trockenmasse. Zusätzlich stellte der Chemiker auch noch zahlreiche andere, bisher nicht identifizierte Substanzen fest, die von dem Pilz gebildet werden. Zwar wurde Citrinin beim Kochen weitgehend abgebaut, dafür traten aber neue, noch nicht weiter untersuchte Folgeprodukte mit unbekannter toxikologischer Aktivität auf.

In vier von 16 untersuchten kommerziellen Rotschimmelreisproben verschiedener Herkunft (unter anderem aus Japan und China) fand der Wissenschaftler Citrinin in Konzentrationen bis 50 mg/kg. Auffallend große Unterschiede zwischen den Proben zeigten sich bei den Gehalten der Farbstoffe und der übrigen Inhaltsstoffe. So enthielt eine der Proben in beträchtlicher Menge eine noch nicht genau identifizierte Substanz, die im UV-Absorptionsspektrum nach Angaben Wilds Ähnlichkeit mit Citrinin aufweist.

Die Sicherheit von Rotschimmelreis als Lebensmittelzusatzstoff erscheint nach den Kulmbacher Untersuchungen angesichts des potenziellen Citriningehalts, der variablen Zusammensetzung und der mangelhaften Kenntnisse der Inhaltsstoffe als zweifelhaft. Offensichtlich ist die natürliche Herkunft des roten Reises kein zuverlässiges Gütesiegel und die lange Tradition seiner Anwendung in Ostasien kein Ersatz für die chemische und toxikologische Untersuchung und Bewertung.


Die Untersuchung „Rotschimmelreis: Inhaltsstoffe und Anwendung in Fleischerzeugnissen“ ist veröffentlicht im Mitteilungsblatt der BAFF Kulmbach, Nr. 148 (39. Jahrg.), S. 701-706.

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Dr. Michael Welling idw

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