"Mutter-Kind-Dialog im Rinderstall"
Wie Embryonen die Genaktivität der trächtigen Kühe beeinflussen
Welche Signale werden zwischen einem Rinderembryo und dem Muttertier ausgetauscht, so dass die Trächtigkeit aufrechterhalten und erfolgreich zu Ende geführt werden kann? Dieser Frage widmet sich jetzt die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der LMU etablierte Forschergruppe „Mechanismen der embryo-maternalen Kommunikation“. Das Projekt bringt Embryologen, Biotechnologen und Spezialisten für funktionale Genomanalyse zusammen. Das besondere Interesse gilt dabei den Veränderungen der Genaktivität bei den Muttertieren. „Die im Vorfeld erreichten Ergebnisse stimmen uns schon sehr optimistisch“, berichtet der Initiator und Leiter des Projekts, Prof. Dr. Eckhard Wolf, Ordinarius an der Tierärztlichen Fakultät und am Genzentrum. „Bereits die Eizellen scheinen ganz bestimmte Veränderungen in der Genaktivität der Eileiterzellen zu bewirken.“
Ein Briefkasten in der Gebärmutter: Nach einer Hypothese speichert die embryonale Hülle, die so genannte Zona pellucida, zwischen Embryo und den mütterlichen Zellen Signalmoleküle, die kontrolliert abgegeben werden können. Neben dieser vermuteten „mailbox-Funktion“ gibt es noch andere spannende Aspekte in der Kommunikation zwischen Embryo und Muttertier. In der Tierzucht zeigt sich immer wieder, dass die Zeit der Trächtigkeit sehr riskant für den Nachwuchs ist. „Vor allem in der frühen Phase der Trächtigkeit erleben wir die größten Verluste“, so Wolf. „Deshalb ist es eines der wichtigsten Forschungsgebiete – aber auch hochinteressant für die reproduktionsbiologische Grundlagenforschung.“ Es ist nicht sehr viel über die Mechanismen der embryo-maternalen Kommunikation bekannt, weil geeignete Modellsysteme und sensitive Analysetechniken bislang nicht existierten. Beides wurde von der interdisziplinären Forschergruppe im Vorfeld entwickelt.
In der Abteilung von Dr. Horst-Dieter Reichenbach an der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht in Grub stehen ganz besondere Rinderpaare bereit: eineiige Zwillinge. Ihr identisches Erbgut macht sie zu optimalen Muttertieren in den Versuchen. In ein Tier je Paar wird ein Embryo eingepflanzt werden. „Nach einem Tag werden wir Zellen des weiblichen Geschlechtstraktes, also Eileiter und Uterus, entnehmen und untersuchen“, berichtet Wolf. „Wir können so bestimmen, welche Gene von den Embryonen angeschaltet oder abgeschaltet wurden.“ Der andere Zwilling liefert die Vergleichszellen, die das Muster der Genaktivität im nicht-trächtigen Zustand zeigen. Weil die beiden Tiere genetisch identisch sind, können alle Unterschiede in der Genaktivität auf die Trächtigkeit und den Embryo zurückgeführt werden.
Eine Bestätigung der Ergebnisse aus den Tierstudien soll eine weitere, neu entwickelte Methode liefern. Katja Prelle, Privatdozentin am Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der LMU, hat Systeme zur Anzucht und Vermehrung von Epithelzellen des Eileiters etabliert. Damit können in vitro die Wechselwirkungen zwischen dem Embryo und dem Epithel, also den oberflächlich liegenden Zellschichten, untersucht werden.
Ein weiterer Schritt wird die Suche nach den molekularen Grundlagen der Kommunikation zwischen Embryo und Muttertier sein. Die Tierstudien zu Beginn sollen bald einige Kandidatengene liefern, die an diesem Signalaustausch beteiligt sein könnten. Gene liefern den Bauplan für ein oder mehrere Proteine. Die Aktivitätsmuster der Kandidatengene und ihre Proteine werden zwei Abteilungen am Genzentrum, Genomics von Dr. Helmut Blum und Proteomics von Dr. Georg J. Arnold, in Kooperation mit Prof. Dr. Fred Sinowatz von der Tierärztlichen Fakultät der LMU und Dr. Ralf Einspanier, Privatdozent an der TU, analysieren und charakterisieren. Das Projekt wird für drei Jahre gefördert, mit der Option einer Verlängerung um die gleiche Zeitspanne.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Eckhard Wolf, Tierärztliche Fakultät und Genzentrum der LMU
Tel. +49-89-2180 6800
Fax: +49-89-2180 6849
E-Mail: ewolf@lmb.uni-muenchen.de
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