Gen-Fähren zum Tumor lotsen
Deutsche Krebshilfe fördert Verbesserung der Gen-Therapie
Die Gen-Behandlung steht noch immer vor großen Problemen: Die therapeutischen Gene gelangen nicht nur in die kranken, sondern auch in die gesunden Zellen des Patienten und entfalten dort ihre Wirkung. Als Folge können unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Zwei Forschergruppen aus Marburg wollen diese mangelnde Zielgenauigkeit bei der Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs und Darmkrebs beheben: Zum Einen verändern sie die Gen-transportierenden Fähren so, dass diese die Krebszellen erkennen und somit zum Tumor gelenkt werden. Zum Anderen sorgen sie durch einen gentechnischen Kniff dafür, dass die therapeutischen Gene überhaupt nur in den Krebszellen ihre Wirkung entfalten können. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt über einen Zeitraum von drei Jahren mit über 620.000 Mark.
Tumoren, von denen bereits Tochtergeschwülste ausgehen, haben zumeist eine schlechte Heilungschance. Dies gilt insbesondere für Krebsformen der Schleimhäute wie beispielsweise Prostatakrebs und Darmkrebs. Mit 51.700 Neuerkrankungen pro Jahr gehören Tumoren des Darms zu den häufigsten Krebsleiden in Deutschland. Bei jährlich knapp 30.000 Todesfällen ist Darmkrebs ursächlich. An bösartigen Veränderungen der Prostata erkranken jährlich rund 30.000 Männer, rund 11.000 Betroffene sterben daran. Neue Behandlungsformen für Karzinome, insbesondere für fortgeschrittene Krankheitsstadien, sind deshalb dringend notwendig. Innovative Ansätze bietet die Gen-Therapie: Hierbei schleusen Mediziner Gene in den Tumor eines Patienten ein, mit dem Ziel die Geschwulst zu zerstören.
Allerdings konnte bis heute noch kein Krebskranker mit einer Gen-Therapie geheilt werden. Die Wissenschaftler stehen immer wieder vor dem Problem, wie sie die Gene ausschließlich in Krebszellen einbringen können. Als Gen-Fähren verwenden sie meist abgeschwächte Viren, die beim Menschen keine Krankheiten auslösen können. Das therapeutische Gen bauen die Forscher in die Erbsubstanz dieser Viren ein. Zwei Forschergruppen vom Marburger Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung unter der Leitung von Professor Dr. Rolf Müller und Dr. Roland Kontermann versuchen, die so genannten „Gen-Taxis“ so zu verändern, dass sie zu Prostata- beziehungsweise Darmkrebszellen gelenkt werden und nur dort ihre Wirkung entfalten können.
Die Forscher aus Marburg kombinieren dabei zwei unterschiedliche Strategien: Zum Einen statten sie ihre Gen-Fähren mit Eiweißstoffen (Antikörper) aus. Diese erkennen wiederum andere, ausschließlich auf der Oberfläche von bestimmten Tumorzellen vorkommende Eiweißsubstanzen (Antigene). Hierdurch gelangt das virale „Taxi“ bevorzugt zum Tumorgewebe. Zum Anderen bauen die Wissenschaftler ein Regulationselement, einen so genannten Promotor, vor das therapeutische Gen. Über diesen Schalter kann das Gen ein- oder ausgeschaltet werden. Das Ziel ist, das Gen durch Eiweißstoffe, die nur in Tumorzellen vorkommen, zu aktivieren. „Wir wollen zeigen, dass durch die Kombination unterschiedlicher Zielsteuerungsmechanismen die Wirksamkeit gentherapeutischer Ansätze deutlich verbessert wird. Wir hoffen, mit unseren zukünftigen Ergebnissen dem Ziel einer erfolgreichen Anwendung beim Patienten näher zu kommen und damit die Heilungschancen vieler Krebskranker erheblich zu steigern“, so Professor Müller
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