Molekulargenetiker erforschten Nahrungsaufnahme von Streptokokken

Sie sind in aller Munde. Heerscharen von Bakterien sind die natürlichen und zumeist harmlosen Bewohner unserer Schleimhäute. Der Gruppe der Streptokokken, zu denen die Erreger von Scharlach und eitrigen Hauterkrankungen zählen, haben sich Wissenschaftler der Universität Jena angenommen.

In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt hat das Team der Molekulargenetiker Prof. Dr. Horst Malke und Dr. Kerstin Steiner untersucht, wie sich bestimmte krankheitserregende Streptokokken dem Nahrungsangebot ihres menschlichen Wirts anpassen. Ihr Resultat: Die Streptokokken sind wahre Hunger-Überlebenskünstler und ihnen schmeckt dank eines genetischen Tricks nach kurzer Gewöhnungsphase alles.

Die Forscher vom Institut für Molekularbiologie der Friedrich-Schiller-Universität konnten zeigen, dass ein Mangel an Aminosäuren (den Bausteinen der Eiweiße) im Nahrungsangebot zur Aktivierung des so genannten „rel-Gens“ führt. Wird dieses Gen aktiviert, bildet sich ein kleines Signalmolekül. Dieses wiederum versetzt das Bakterium in die Lage, unter Aminosäure-Mangelbedingungen zu überleben. Neben dieser zwangsläufigen Antwort auf Aminosäuremangel fanden die Molekularbiologen erstmals auch eine „rel-Gen“-unabhängige Reaktion. Diese Antwort betrifft nicht nur die Aktivierung eines einzigen Gens, sondern steuert eine ganze Palette spezieller Gene. „Auf diese Weise testen die Streptokokken ihren Wirt regelrecht aus“, beschreibt der jüngst in den Ruhestand getretene Malke, „und aktivieren dann die jeweils geeignetste Kombination von Genen verschiedener Klassen“. So können sich die Bakterien den aktuellen Nahrungsbedingungen dynamisch anpassen und das eiweißreiche Milieu ihres menschlichen Wirts zu ihrem Vorteil nutzen.

Diese Ergebnisse lassen sich möglicherweise für die Entwicklung neuer Wirkstoffe bei Infektionen durch Streptokokken nutzen. Aber auch andere Anwendungen sind denkbar. Unter den Genen, die an dem neu entschlüsselten Regulationsgeschehen beteiligt sind, befindet sich auch eine spezielle Gruppe. Das Gen-Team kontrolliert die Bildung des Wirkstoffs Streptokinase. Dieser Wirkstoff wird in der Medizin bei der Therapie von Herzinfarkten eingesetzt, um das Blut zu „verflüssigen“. Die Ergebnisse der Jenaer Molekulargenetiker über die Kontrolle der Streptokinase-Bildung könnten zur gentechnischen Entwicklung neuer Streptokokken-Stämme eingesetzt werden, um die pharmazeutische Streptokinase-Gewinnung zu verbessern.

Kontakt:
Prof. Dr. Horst Malke
Dr. Kerstin Steiner
Institut für Molekularbiologie der Universität Jena
Winzerlaer Str. 10, 07745 Jena
Tel.: 03641-657530
Fax: 03641-657520
E-Mail: hmalke@imb-jena.de

Media Contact

Axel Burchardt idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…