Abschluss des Projektes zur Sequenzierung des menschlichen Genoms am IMB

Präsentation der multimedialen Installation „HUGO“ am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMB) Jena

„Es ist uns nicht entgangen, dass die von uns postulierte spezifische Paarbildung unverzüglich einen möglichen Kopiermechanismus für das genetische Material nahelegt.“

Mit diesem Satz endet ein am 2. April 1953 von James Watson und Francis Crick verfasstes und am 25. April 1953 in der Wissenschaftszeitschrift Nature publiziertes Manuskript. Watson und Crick hielten als erste die Doppelhelixstruktur der DNA für möglich. Ihr Text leitete ein neues Zeitalter in der Biologie ein – das der Molekularen Genetik.

Heute, 50 Jahre nach der Entdeckung des Prinzips des genetischen Informationsspeichers, kennen wir von Bakterien, Hefen und Organismen wie dem Fadenwurm, der Fruchtfliege oder der Ackerschmalwand immerhin schon die genetische Information selbst. Im April 2003 wird die Sequenzierung des menschlichen Genoms abgeschlossen, das größte molekulargenetische Projekt in der Wissenschaftsgeschichte.

Die Abteilung Genomanalyse des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMB) ist seit 1993 am Internationalen Human-Genom-Projekt beteiligt. Die Gruppe trug entscheidend zu der im Mai 2000 in Nature veröffentlichten Analyse des Chromosoms 21 bei und hat Anteil an der Veröffentlichung der ersten umfassenden Analyse des menschlichen Genoms durch 20 Genom-Zentren aus 6 Ländern. Im Rahmen des Deutschen Human-Genom-Projekts haben Gruppen am Berliner Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, an der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig und am IMB ca. 1,6% der jetzt verfügbaren Daten generiert. Drei Viertel des deutsche Beitrags wurden in Jena erbracht. Neben einer Vielzahl von bisher unbekannten Genen konnten in Jena gemeinsam mit klinischen Partnern fünf menschliche Krankheitsgene identifiziert werden. Sie sind unter anderem verantwortlich für Kleinwuchs, Nachtblindheit, Neuropathie und Krebsanfälligkeit. Noch im März wird die Arbeit zur Sequenzierung von Teilen der menschlichen Chromosomen 8, 21 und X am IMB abgeschlossen sein.

Dank der Anstrengungen des Internationalen Konsortiums zur Sequenzierung des Human-Genoms sind die fast lückenlosen und mit der extrem hohen Genauigkeit von >99,99% bestimmten DNA-Sequenzen aller 24 menschlichen Chromosomen öffentlich verfügbar (www.ncbi.nlm.nih.gov/genome/guide/human/).

Die erfolgreiche Sequenzierung des Human-Genoms ist jedoch nur das Ende vom Anfang einer viel weiter reichenden Unternehmung. Sie zielt auf das Verständnis der Funktionen aller menschlichen Gene und ihrer komplexen räumlichen und zeitlichen Wechselbeziehungen. Erst ein solches tieferes Verständnis der Biologie des Menschen weist ursächlichen und individualisierten Therapien den Weg, an dessen Anfang Biologen und Mediziner jetzt stehen. Die Zeichen des genetischen Wegweisers sind entziffert. Wir verstehen aber erst wenige Worte jener fremden Sprache, mit der ihn die Evolution in Jahrmillionen beschrieben hat.

Als Sinnbild dieser Situation präsentiert das IMB eine black box der besonderen Art. Ihr „schwarzer Kasten“ ist die multimediale Installation „HUGO“ der Dresdner Künstler Frank Hellwig und Steffen Fischer. Im Verlauf von 24 Tagen, vom 2. bis 25 April, werden non-stop im Foyer des Instituts auf dem Beutenberg Campus die Sequenzen aller menschlichen Chromosomen visuell und akustisch dargestellt.

Während dieser Zeit sind die am Projekt Beteiligten und alle Interessierten eingeladen, in den „Cubus mysticus“ einzutreten. Sie werden so erahnen, über welche gigantischen Informationsressourcen jede Zelle des eigenen Körpers verfügt. Sie vermögen zu würdigen, welche Arbeit bei deren Entzifferung geleistet wurde, und sie können ermessen, welche Anstrengungen noch vor uns liegen, wollen wir diesen Text verstehen.

Das Foyer des IMB hat seine Pforten in der Zeit von 9 bis 16 Uhr geöffnet für alle interessierten Besucher.

Arbeit für morgen
Künftig arbeitet die Abteilung Genomanalyse des IMB im Rahmen des Deutschen-Human-Genom-Projekts und des Nationalen Genom-Forschungsnetzes an der vertiefenden Analyse der menschlichen Chromosomen 8, 21 und X. Dazu werden medizinisch relevante Regionen vergleichend in den Genomen von Maus, Ratte und Schimpanse untersucht.

Weitere Schwerpunkte sind die Erforschung von genetischen Grundlagen polygener Erkrankungen, wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen und extremes Übergewicht, die Sequenzanalyse des Schleimpilzes Dictyostelium sowie die Identifikation von Virulenzgenen der humanpathogenen Mikroorganismen Borrelia und Legionella. Mitarbeiter der Abteilung sind auch an lokalen wissenschaftlichen Netzwerken, dem Sonderforschungsbereich „Multifunktionelle Proteinkomplexe“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Jenaer Centrum für Bioinformatik, beteiligt.

Das IMB wird sich in Zukunft auf die Erforschung von multifaktoriellen Erkrankungen und Alterungsprozessen konzentrieren.

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Heidrun Lekscha idw

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