Mit Kran und Luftschiff: Baumkronenforschung im Leipziger Auwald
Die Baumkronen bilden einen der letzten noch unerforschten Lebensräume. Weil sie nur schwer zugänglich sind, weiß die Wissenschaft erst seit wenigen Jahren, dass in den Bäumen eine reichhaltige Insekten- und Spinnenfauna lebt, die viele Prozesse in Waldökosystemen entscheidend beeinflusst. Zwei ungewöhnliche Methoden der Baumkronenforschung kommen in diesem Jahr bei einem Forschungsprojekt der Universitäten Würzburg und Leipzig zum Einsatz.
Zum einen hat Prof. Dr. Wilfried Morawetz, Direktor des Botanischen Gartens und Leiter der Abteilung „Spezielle Botanik“ des Leipziger Instituts für Botanik, im stadtnahen Leipziger Auwald einen Kran für die Baumkronenforschung aufstellen lassen. Zum anderen wird ein Heißluft-Luftschiff eingesetzt, dessen Einsatz von dem Ökologen Dr. Andreas Floren vom Würzburger Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie geleitet wird.
Mit diesen beiden Methoden lassen sich die äußersten Blattschichten der Bäume erreichen und dabei Störungen der Tiere weitgehend vermeiden. Der Kran kann auf 120 Metern Schienenlänge bewegt werden und besitzt einen 45 Meter langen Ausleger. In seiner Gondel gelangen die Forscher fast an jeden Ast jedes Baumes auf einer Fläche von 1,6 Hektar. Dagegen können mit dem Luftschiff Baumkronen angesteuert werden, die über eine sehr viel größere Fläche verstreut stehen.
Während der Kran ein kontinuierliches Arbeiten vor Ort ermöglicht, hat sich das Luftschiff bewährt, um für eine bestimmte Zeit spezielle Fallensysteme in den obersten Kronenschichten abzusetzen und gezielt Proben zu entnehmen. Diese Aktivitäten im Leipziger Auwald sollen auch dazu dienen, die beiden Methoden zu vergleichen und weitere Forschungen abzustimmen.
Die Untersuchung der Baumkronen wird von vielen zusätzlichen Studien begleitet. Letzten Endes wollen die Wissenschaftler klären, wie Waldökosysteme funktionieren. „Von diesem Ziel sind wir bis heute noch weit entfernt – unter anderem deshalb, weil die Baumkronen mit ihren Tausenden von Tieren in keiner Ökosystemanalyse berücksichtigt werden“, sagt Dr. Floren.
Bislang hat die Erforschung der Baumkronen für die scheinbar so gut bekannten mitteleuropäischen Wälder viele spektakuläre Ergebnisse gebracht: Neben bedrohten Rote-Liste-Arten wurden in den Bäumen viele neue Arten aus den verschiedensten Tiergruppen sowie unerwartete Hinweise auf die Verbreitung und Lebensweise von Arten gefunden.
Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie
Biozentrum, Am Hubland, 97074 Würzburg
Tel. 0931 – 888-4376
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