Dunstglocke über dem Indischen Ozean
INDOEX-Messkampagne belegt ausgedehnte Luftverschmutzung durch Schadstoffe aus Süd- und Südostasien. Verbrennung von Biomasse verringert Selbstreinigungskräfte der Atmosphäre.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Deutschland, USA, den Niederlanden, Österreich,
Indien und Schweden berichtet in der amerikanischen Fachzeitschrift Science (Bd. 291, S.1031; 9. Feb. 2001) unter der Federführung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz über die Ergebnisse der INDOEX- INDian Ocean Experiment-Messkampagne. Ihr Befund: eine unerwartet hohe Luftverschmutzung über dem ganzen nördlichen Indischen Ozean durch
Schadstoffe aus Süd- und Südostasien.
Das „INDian Ocean EXperiment“ (INDOEX) war eine internationale Messkampagne zur Untersuchung des Einflusses der Luftverschmutzung auf das Klimageschehen im Gebiet des tropischen Indischen Ozeans. Indien und die anderen Länder Asiens erzeugen mit einer Bevölkerung von über 2 Milliarden Menschen wachsende Mengen an Schadstoffen. Diese werden während der trockenen Monsunzeit durch die stetig aus Nordost wehenden Winde auf den Indischen Ozean hinausgetragen. Ziel des INDOEX-Projekts war es zu klären, wie die Schadstoffe in der Atmosphäre transportiert werden und wie sie sich auf ihre chemische Zusammensetzung und die Sonneneinstrahlung über dem Ozean auswirken. Das internationale Team umfasste über 150 Wissenschaftler, davon mehr als 20 aus den Abteilungen Atmosphärenchemie und Biogeochemie des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz. Die Messungen fanden während der trockenen Monsunperiode von Januar bis März 1999 statt; für sie wurden vier Forschungsflugzeuge, zwei Forschungsschiffe, mehrere Bodenstationen, Ballons und Satelliten genutzt. Das Zentrum der Operationen befand sich auf dem Internationalen Flughafen von Male auf den Malediven, wo auch die Flugzeuge stationiert waren.
Die Messungen der INDOEX-Kampagne ergaben, dass während des Wintermonsuns die Emissionen aus Süd- und Südostasien die Luft über eine Fläche von mehr als10 Millionen Quadratkilometern erheblich belasteten. Eine Dunstschicht, die sich von der Meersoberfläche bis in 3 Kilometer Höhe erstreckte, bedeckte große Teile des Untersuchungsgebiets (s. Abb. 1). Der ungewöhnlich dunkle Dunst bestand aus Ruß, der das Sonnenlicht stark absorbiert, enthielt aber auch Sulfate, Nitrate, organische Teilchen, Flugasche und mineralischen Staub. Einerseits vermindern diese Aerosol-Teilchen die Erwärmung des Ozeans um etwa 15%, andererseits verstärken sie die Erwärmung der Grenzschicht um ca.0,4 °C pro Tag, beides beeinflusst den regionalen Kreislauf und das Klima. Das Ruß-Aerosol und die Flugasche sind zweifelsohne auf menschliches Tun zurückzuführen, da es natürliche Quellen dafür praktisch nicht gibt. Ebenso kann Sulfat, das nicht aus dem Meer stammt, überwiegend anthropogenen Quellen zugeordnet werden. Insgesamt wird der auf menschliche Aktivitäten zurückgehende Anteil an den Aerosolen auf mindestens 85% geschätzt.
Als Folge der weitverbreiteten Verbrennung von Biomasse unterscheidet sich die Verschmutzung über dem Indischen Ozean in ihrer Zusammensetzung von der in Europa und Nordamerika. So ist z.B. die gesamte Emission von Kohlenmonoxid (CO) schätzungsweise um 50% höher als die entsprechende Menge in Europa und Nordamerika zusammen. Am Kaashidhoo Klimaobservatorium auf den Malediven wurden im Februar 1999 durchschnittliche CO-Konzentrationen gemessen, die vergleichbar sind mit solchen in belasteten Luftströmungen in Europa und Nordamerika. Doch dieses Observatorium liegt über 1000 Kilometer von den wichtigsten Emissionsquellen entfernt, was den weiträumigen Transport der Schadstoffe deutlich macht. Aus Simulationsrechnungen, die in guter Übereinstimmung mit den Messungen sind, schließen die Wissenschaftler, dass 60 bis 90% des Kohlenmonoxids aus Biomasseverbrennung stammen (s. Abb. 2).
Modellrechnungen zeigen außerdem, dass – im Gegensatz zu den Luftschadstoffen in Europa und Nordamerika – anthropogene Emissionen aus Süd- und Ostasien die Konzentration der Hydroxylradikale (OH) vermindern. Da OH ein starkes Oxidans und gewissermaßen das „Reinigungsmittel“ für die Atmosphäre ist, schwächen die Schadstoffe die Oxidationsfähigkeit der Atmosphäre. Das bedeutet z.B., dass sich die Lebensdauer von Methan, einem wichtigen Treibhausgas, verlängert.
Die zunehmende Schadstoffbelastung in dieser Region verursacht eine umfassende Verschlechterung der Luftqualität verbunden mit lokalen, regionalen und globalen Auswirkungen, einschließlich einer Verminderung der Selbstreinigungskräfte der Atmosphäre. Es ist in naher Zukunft zu erwarten, dass der vermehrte Gebrauch fossiler Brennstoffe hinsichtlich der Schadstoff-Emissionen wahrscheinlich zu einer Entwicklung führen wird, wie sie in den siebziger Jahren in Europa und Nordamerika zu beobachten war. Doch angesichts der hohen Bevölkerungszahl kann die Schadstoffbelastung in Asien noch viel bedrohlicher werden.
Nähere Informationen über INDOEX unter: http://www-indoex.ucsd.edu
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Prof. Dr. Jos Lelieveld
Max-Planck-Institut für Chemie
Mainz
Phone: (+49 61 31) 305 – 458
E-Mail: lelieveld@mpch-mainz.mpg.de
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