Ein Notschalter lässt Herzmuskelzellen schlagen

„Da bleibt einem vor Angst ja das Herz stehen!“ Dass dieses oft gehörte Sprichwort nicht Wirklichkeit wird, dafür sorgt das Stresshormon Adrenalin. Wie das genau funktioniert, haben Pharmakologen von der Uni Würzburg herausgefunden. In der britischen Wissenschaftszeitschrift „Nature“ stellen sie ihre neuen Erkenntnisse vor.

Normalerweise verhindern körpereigene Abschaltmechanismen, dass Botenstoffe wie Adrenalin über längere Zeit aktiv sind – andernfalls wären die Botenstoffe keine Überbringer einer Botschaft, sondern Dauergäste. Wenn der Mensch aber auf eine Gefahr reagieren muss, um zum Beispiel vor einem gefährlichen Tier wegzulaufen, dann wäre es fatal, wenn plötzlich ein derartiger Abschaltmechanismus anspringen würde.

Die Würzburger Wissenschaftler Kristina Lorenz, Martin Lohse und Ursula Quitterer haben einen Mechanismus aufgeklärt, wie das Stresshormon Adrenalin verhindert, dass in einer Gefahrensituation unvermittelt die Aus-Taste gedrückt wird. Erreicht wird dies durch eine Art Notschalter: Er springt genau dann an, wenn Adrenalin freigesetzt wird.

Dieser Schalter ist ein Eiweißstoff mit dem komplizierten Namen RKIP (Raf-Kinase-Inhibitor-Protein). Unter Normalbedingungen sorgt er in der Körperzelle für Ruhe und Ordnung: Er verhindert, dass eine Zelle unkontrolliert anfängt zu wachsen und sich zu teilen. Trifft jedoch die Meldung aus dem Gehirn ein, dass Gefahr in Verzug ist, so werden wichtige Körperzellen, insbesondere die des Herzens, über die Freisetzung von Adrenalin schlagartig in Alarmstimmung versetzt. Und genau in dieser Situation wird auch der Notschalter gedrückt. Er sorgt dann dafür, dass die Herzmuskelzellen unter Stress auf Hochleistungsbetrieb umschalten, und zwar genauso lange, wie die Stress-Situation andauert, also solange Adrenalin vorhanden ist. Der aktivierte Notschalter verhindert auch, dass die Alarmantwort zu früh abgebrochen wird, denn er schaltet sich erst dann wieder aus, wenn die Gefahrensituation beendet und das Adrenalin im Körper wieder verschwunden ist.

„Weitere Arbeiten müssen nun klären, ob dieser Notschalter bei uns heutigen Menschen, die wir unter Dauerstress leiden, überhaupt noch richtig funktioniert“, sagt Ursula Quitterer. Vielleicht führe Dauerstress ja darum zu Krankheiten wie Bluthochdruck und Herzinfarkt, weil der Notschalter infolge von Dauerbetrieb durchgebrannt ist.

Weitere Informationen: Dr. Ursula Quitterer, T (0931) 201-48532, Fax (0931) 201-48539, E-Mail:
toph029@mail.uni-wuerzburg.de

Kristina Lorenz, Martin Lohse und Ursula Quitterer: „Protein kinase C switches the Raf kinase inhibitor from Raf-1 to GRK-2“, Nature 426, 4. Dezember 2003, Seiten 574 – 579.

Media Contact

Robert Emmerich idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…