Ménage à trois gegen Tuberkulose
Berliner Infektionsbiologen besser: Immunologen entdecken ’missing link’ bei der Aktivierung von Abwehrzellen gegen Tuberkulose-Erreger
Die Tuberkulose ist weltweit immer noch Haupttodesursache unter den bakteriellen Infektionskrankheiten. Die Zahl der Erkrankungen steigt, nicht zuletzt, weil sich Antibiotika-resistente Bakterienstämme aus dem osteuropäischen Raum ausbreiten. Die Resistenz dieser Bakterien beruht vor allem auf ihrer wächsernen Hülle, die sehr reich an Fetten ist. Diese Lipide können als Antigene wirken und von körpereigenen Abwehrzellen, den T-Lymphozyten, erkannt werden. Doch wie diese T-Zell-Aktivierung genau funktioniert, war bisher nicht bekannt. Florian Winau, Ulrich Schaible und Stefan Kaufmann vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin ist es nun gelungen, eine Gruppe von Helfer-Proteinen, die Saposine, zu identifizieren, durch die T-Abwehrzellen die Lipide von Mykobakterien erst erkennen können. Die mit Hilfe dieser Proteine aktivierten T-Zellen spielen eine wesentliche Rolle, wenn unser Körper eine Infektion durch Tuberkuloseerreger bekämpft.
Erst ein tieferes Verständnis der Art und Weise, wie Antigene bei der Tuberkulose präsentiert werden, ermöglicht es, zu ergründen, wie Antigen-spezifische T-Lymphozyten bei einer Bakterien-Infektion aktiviert werden. Diese Aktivierung ist wiederum Voraussetzung, damit sich ein Organismus gegen eine Infektion mit Tuberkuloseerregern schützen kann. Diesen Mechanismus im Detail zu verstehen, ist deshalb zentrales Ziel bei der Entwicklung einer effizienteren Impfung gegen Tuberkulose.
Erst seit etwa zehn Jahren weiß man, dass T-Lymphozyten bei der Abwehr von Infektionen nicht nur die Antigene von Proteinen, sondern auch von Fetten (Lipiden) erkennen können. Lipid-Antigene werden jedoch nur erkannt, wenn sie durch körpereigene Eiweissmoleküle, die so genannten CD1-Proteine, gebunden und dann den T-Zellen präsentiert werden. Auf welche Weise die CD1-Moleküle mit Lipiden beladen werden, war bisher nicht bekannt. Da die CD1-Eiweisse sich in wässriger Phase befinden, während die Fette membranartige Strukturen ausbilden, vermutete man, dass weitere Proteine daran beteiligt sein könnten.
Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie sind deshalb der Frage nachgegangen, wie die Fette von den T-Zellen tatsächlich erkannt werden können. Konkret haben sie nach Helfermolekülen gesucht, die in der Lage sind, die biophysikalische Kluft zwischen membrangebundenen Fetten und den in wässriger Lösung befindlichen Antigen-präsentierenden Molekülen, die von den Abwehrzellen erkannt werden, zu überbrücken. Dabei machten sich die Forscher die Erkenntnis zunutze, dass bestimmte Proteine beim Abbau von zelleigenen Lipiden in den Zellen eine so grundlegende Rolle spielen, dass ihr Fehlen aufgrund von Gendefekten zu schweren, meist tödlichen Lipidspeicherkrankheiten führt. Zu diesen Proteinen gehören die Saposine.
Um herauszufinden, welche Rolle die Saposine beim Erkennen der Lipide durch T-Zellen spielen, übertrugen die Max-Planck-Wissenschaftler das Gen für CD1b, einer Unterform der CD1-Moleküle, in menschliche Zellen, die keine Saposine produzieren können. Diese Transfektanten nutzten die Forscher dann als Antigen-präsentierende Zellen (APZ) zur Aktivierung von T-Zellen. Dazu wurden die APZ mit mykobakteriellen Lipiden beladen und gemeinsam mit Lipid-spezifischen menschlichen T-Zellen kultiviert. Hierbei zeigte sich, dass die Zellen ohne das Protein Saposin nicht in der Lage waren, die T-Zellen zu aktivieren, ganz im Gegensatz zu CD1b-transfizierten Wildtyp-Fibroblasten mit Saposin. Erst die Rekonstitution der Zellmutanten mit Saposin C, einer der vier Unterformen der Saposin-Gruppe, stellte die T-Zell-Stimulation wieder her. Damit konnten die Berliner Forscher nachweisen, dass Saposin C (SAP-C) eine essentielle Rolle bei der Antigenpräsentation von Lipiden spielt.
In weiteren Versuchen konnten die Berliner Infektionsbiologen dann zeigen, dass Lipid-Antigene sowie die Proteine CD1b und SAP-C in Lysosomen, den Verdauungsbläschen der Zelle, aufeinandertreffen, und dass SAP-C in der Lage ist, Lipid-Antigene aus künstlichen Membranen von Liposomen herauszulösen. In zusätzlichen Bindungsstudien haben die Forscher zudem gezeigt, dass SAP-C nicht nur mit Lipid-Antigenen wechselwirkt, sondern auch das Antigen-präsentierende Molekül CD1b binden kann. Die Beladung von CD1-Proteinen mit Lipidantigen wird also dadurch erleichtert, dass das Protein SAP-C Antigene aus der Membran löst und gleichzeitig das Protein CD1b bindet. Daraus ergibt sich eine Dreiecksbeziehung zwischen Saposin, Lipidantigen und CD1-Molekül, die es erst ermöglicht, dass Antigene des Tuberkuloseerregers durch T-Zellen erkannt werden.
Mit den neuen, am Tuberkulose-Erreger gemachten Erkenntnissen haben die Wissenschaftler einerseits einen ganz grundlegenden Mechanismus aufgedeckt, nämlich wie es möglich ist, dass Lipid-Antigene von T-Zellen überhaupt erkannt werden. Zum anderen kann damit die Biologie der Tuberkulose besser verstanden und eine erfolgreiche Behandlung entwickelt werden.
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Florian Winau
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
Tel.: 030 28460-514, Fax: -503
E-Mail: winau@mpiib-berlin.mpg.de
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