Geburtenkontrolle bei Bienen: Faule Eier werden gefressen

Fressen oder nicht? Eine Biene schaut in eine Wabenzelle, an deren Boden ein Ei liegt - das ist die längliche, weiße Struktur. Stammt das Ei von einer anderen Arbeiterin, wird es vertilgt. Foto: Fiola Bock

Im Bienenstock ist allein die Königin für die Vermehrung zuständig. Aber hin und wieder legen auch die Arbeiterinnen Eier. Allerdings werden diese schnell vernichtet – die Bienen fressen sie auf. Woran erkennen die Insekten die nicht-königlichen Eier, die nach den Gesetzen des Bienenstocks ja keine Daseinsberechtigung haben? Christian Pirk und Jürgen Tautz vom Biozentrum der Uni Würzburg beantworten diese Frage mit deutschen und südafrikanischen Kollegen in der neuesten Ausgabe des US-amerikanischen Wissenschaftsblatt PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences).

„Lange Jahre haben die Zoologen nach einer Art Markierung gesucht, die den Bienen anzeigt, welche Eier zerstört werden müssen“, sagt Tautz. Doch diese Suche blieb ohne Ergebnis. Stattdessen fanden die Forscher jetzt etwas ganz anderes heraus: Die von den Arbeiterinnen gelegten Eier sind kaum lebensfähig, sie sterben zu über 80 Prozent ab.

Leichen in der Wohnung? Dieser Umstand löst bei den Bienen ein Hygieneverhalten aus, sie fressen die „faulen Eier“ rasch auf. Das ist enorm wichtig, um die Entstehung von Seuchen im dicht besiedelten Stock zu vermeiden. Die Bienen unterscheiden also nicht „verbotene“ von „erlaubten“ Eiern, sondern üben mit der Reinigung des Stocks gleichzeitig die Geburtenkontrolle aus. So halten sie das Fortpflanzungsmonopol ihrer Regentin aufrecht.

Welchen Sinn das macht? Hierfür haben die Wissenschaftler eine Theorie: Lebewesen sind immer dann erfolgreicher als ihre Konkurrenten, wenn sie besser darin sind, ihre Gene auf Nachkommen zu übertragen. Bei den staatenbildenden Insekten stammen alle Arbeiterinnen von der Königin ab und sind somit Schwestern. Darum können sie ihre Gene auch vermehren, indem sie ihrer Mutter dabei helfen, weitere Schwestern herzustellen.

Allerdings legt jede tausendste Biene im Laufe ihres Lebens selbst einmal Eier. Die sind unbefruchtet und würden sich zu männlichen Bienen entwickeln. Tautz: „Diese Eier einer Arbeitsbiene stehen aber den Schwestern der ’Legerin’ genetisch gesehen nicht so nahe wie die Eier der Königin. Die Theorie der Verwandtenselektion sagt konsequent vorher, dass demnach die Tanten ihre Neffen bereits im Eistadium töten sollten – und das tun sie auch.“ Es hat nach den nun publizierten Ergebnissen den Anschein, dass die Bienen eine für das Überleben der Kolonie wichtige Verhaltensweise einsetzen, um die nicht entwicklungsfähigen Eier ihrer Schwestern zu entfernen. Dabei vernichten sie „so ganz nebenbei“ auch die wenigen entwicklungsfähigen Eier und damit die aus Sicht einer Biene genetisch nicht-unterstützenswerten Nachkommen.

Die Arbeiten der Würzburger Bienenforscher werden finanziell unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten

Weitere Informationen: Prof. Dr. Jürgen Tautz, T (0931) 888-4326, Fax (0931) 888-4322, E-Mail: tautz@biozentrum.uni-wuerzburg.de

Christian W. W. Pirk, Peter Neumann, Randall Hepburn, Robin F. A. Moritz, Jürgen Tautz: „Egg viability and worker policing in honeybees“, PNAS 2004, 101: Seiten 8649-8651

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Robert Emmerich idw

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