Wie Krebsgene Leben retten sollen

Krebszellen altern nicht und sterben nicht ab – eine der Ursachen dafür ist ein Protein, das wie ein Schalter funktioniert. Durch gezieltes Umlegen dieses Schalters wollen Forscher diese eigentlich krankhafte Eigenschaft nutzen, um das Absterben von Nervenzellen bei Verletzungen und Neurologischen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson zu verhindern.

Forscher suchen Waffen gegen Nervenleiden
„Unsterbliche“ Nervenzellen


Was Tumore so heimtückisch macht, ist ihr uneingeschränktes, unkontrolliertes Zellwachstum: Krebszellen altern nicht und sterben nicht ab, sondern vermehren sich unaufhörlich. Eine der Ursachen dafür ist ein Protein, das wie ein Schalter funktioniert. Durch gezieltes Umlegen dieses Schalters wollen Forscher um Prof. Dr. Rolf Heumann (Lehrstuhl für Molekulare Neurobiochemie, Fakultät für Chemie) die eigentlich krankhafte Eigenschaft von Krebszellen nutzen, um das Absterben von Nervenzellen bei Verletzungen und Neurologischen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson zu verhindern.

Ras schaltet Zellen ein und aus

Das Leben und Sterben der Nervenzellen liegt zum Teil in ihnen selbst begründet: Schon bei ihrer Geburt, im embryonalen Stadium besitzen sie ein Selbstzerstörungsprogramm, das mittels bestimmter Botenstoffe ausgeschaltet werden muss, damit sich die Zelle entwickeln kann. So entstehen nur die Zellen, die auch gebraucht werden. Verantwortlich dafür ist eine Art Schalter in der Zelle, das Ras (Ratten Sarkom). Bestimmte Proteine können es an- und wieder ausschalten. Tumorzellen haben erhöhte Ras-Aktivität, sie sind immer „an“ und können deshalb uneingeschränkt wachsen – sie sind unsterblich. Dieser Zustand entsteht durch eine Mutation im Ras-Protein. Ungehemmtes Zellwachstum und ein nicht ablaufendes Todesprogramm der Zellen ermöglichen die Bildung eines Tumors.

Unsterbliche Zellen machen krank – oder gesund

Die Wissenschaftler haben nun versucht, den Spieß umzudrehen: Sie fragten sich, ob das mutierte Ras auch Zellen aktivieren und sie damit überleben lassen könnte. Um diese Frage zu beantworten, züchten sie Mäuse, in deren fertig ausgebildeten Nervenzellen sich das mutierte Ras befindet. So können sie das Ras im Gehirn der Mäuse untersuchen, ohne durch seinen Einsatz eine Tumorbildung zu provozieren. Bei den so genannten synRas-Mäusen ist das Gehirn deutlich größer als beim Wildtyp, wobei die Anzahl der Nervenzellen aber gleich ist. Bei Verletzungen, die mit der Degeneration von Nervenzellen beim erwachsenen Organismus einhergehen, z. B. der Durchtrennung des Gesichtsnervs, zeigen sich bei den synRas-Mäusen keine Schäden. Dieser Fund könnte etwa für die Transplantation von Nervenzellen bei der Parkinson-Krankheit von Bedeutung sein: Sterben in aktuellen Studien die meisten transplantierten Zellen recht bald ab, könnten Zellen, in denen das mutierte Ras erst nach der vollständigen Ausbildung der Zelle aktiv wird, eine bessere Überlebensquote haben. In diesem Fall wäre eine Therapie denkbar, bei der synRas in Stammzellen (d.h. noch undifferenzierte Zellen) übertragen wird, die dem eigenen Knochenmark des Patienten entnommen sind. Die veränderten Zellen werden dem Patienten dann Implanitert. Erst in der erwachsenen Zelle wird das Ras aktiv und bewahrt die Zelle vor dem Untergang.

RUBIN 1/01 erschienen

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Weitere Informationen

Prof. Dr. Rolf Heumann, Lehrstuhl für Molekulare Neurobiochemie, Fakultät für Chemie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-28230, Fax: 0234/32-14105, E-Mail: rolf.heumann@ruhr-uni-bochum.de

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Dr. Josef König idw

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