Nanogroße Trägermedien geben Pharmaka gezielt ab
Thermosensitive Polymerpartikel werden im Körper magnetisch aufgeheizt
Nicht jedes Medikament kann einfach wie eine Kopfschmerztablette geschluckt werden und dann seine Wirkstoffe über den Magen an den Körper abgeben. Bei vielen Pharmaka oder Therapeutika wäre eine gezieltere Anwendung wünschenswert – schon allein um die Dosis zu reduzieren und die Wirksamkeit zu erhöhen. Der Weg zu solch wirkungsvolleren Mitteln scheint durch die Nanotechnologie jetzt möglich zu sein. Einem Forscherteam der RWTH um Dr. rer.nat. Detlef Müller-Schulte und Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode ist es gelungen, so genannte thermosensitive Nano- und Mikropartikel als steuerbare Pharmakaträger zu nutzen, wie jetzt in den neuen „RWTH-Themen“ 1/2004 „Vielfalt des Nanokosmos“ beschrieben.
Der Ausgangspunkt sind temperaturempfindliche Polymerträger, kleinste Kunststoffgebilde, die auf Wärme reagieren. In diese Träger werden die entsprechenden Pharmaka zusammen mit magnetischen Nanopartikeln (Magnetkolloide mit Teilchengrößen von 10-100 Nanometern; 1 Nanometer = 10-9 Meter) eingekapselt. Oberhalb einer bestimmten Temperatur geben diese in einem so genannten Entquellungsprozess dann einen Großteil ihres gebundenen Wassers ab, aber eben auch den eingekapselten Wirkstoff frei. Bei diesem Vorgang schrumpft der Polymerträger um bis zu 70 Prozent – fast wie ein Schwamm, der ausgewungen wird.
Eine kontaktfreie Erwärmung des thermosensitiven Polymerträgers erreicht man über die mit eingelagerten Magnetkolloide. Diese werden mit Hilfe einer äußeren Magnetspule (Induktionsspule) erwärmt, die hochfrequente magnetische Wechselfelder erzeugt. Bei diesem – dem Mikrowellenprinzip vergleichbaren – Prozess werden die Magnetpartikel zu einem Heizelement, die die Wärme auf das Polymer übertragen, das binnen Sekunden zu schrumpfen beginnt.
Das erste konkrete Ziel dieses bisher einmaligen Ansatzes liegt in der Entwicklung eines Therapieverfahrens speziell für Lebertumore. Diese sind in einem fortgeschrittenen Stadium meist inoperabel;die Betroffenen haben oft nur eine Überlebenszeit von drei bis zwölf Monaten. Deshalb sind alternative Verfahren, die ohne eine Operation auskommen, von größter therapeutischer und gesundheitsökonomischer Bedeutung. Die „RWTH-Themen“ sind kostenfrei bei der Pressestelle der RWTH erhältlich, unter Tel. 0241/8094327.
Weitere Informationen:
Univ.-Prof. Dr.med. Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode
Lehr- und Forschungsgebietes Experimentelle Diagnostische und Interventionelle Radiologie der RWTH Aachen
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