Das gläserne Genlabor

Geklonte Tiere, gentechnisch veränderte Lebensmittel, geplante Arbeiten mit Stammzellen aus menschlichen Embryonen – vielen Menschen macht die moderne Biotechnologie Angst. Doch kaum jemand weiß, wie es in einem Genlabor tatsächlich aussieht. Ähnelt es Frankensteins Küche oder ist es ein ganz normaler Arbeitsplatz? Im »gläsernen Genlaboratorium« können Interessierte einen typischen Laborarbeitsplatz kennenlernen.

Vorsichtig zieht der grauhaarige Herr den weißen, langärmeligen Kittel mit der Aufschrift Biotechnologie über seinen Anzug. Durch eine kleine Schleuse, eine spezielle Tür, betritt er das Genlabor. Auf der hüfthohen Arbeitsfläche vor ihm stehen Pipetten, eine Box mit Latexhandschuhen, schwarze Ständer mit kleinen verschließbaren Plastikgefäßen, Glasflaschen mit handgeschriebenen Beschriftungen und einige Tabakpflanzen, die in einer Art farbiger Gelatine wachsen. Interessiert blickt der Besucher auf die Arbeitsfläche, in die ein kleiner Bildschirm integriert ist. Dort zeigt ein kurzer Film, wie ein Biologe in einem Genlabor arbeitet. Langsam macht der ältere Mann nach, was er in der Einspielung sieht: Er greift zur Pipette, streift sorgfältig eine spitze, blaue Plastikspitze darüber, taucht sie in eine braune Glasflasche mit der Aufschrift Ethanol und entnimmt etwas Flüssigkeit.

Der grauhaarige Herr ist einer der zahlreichen Besucher des »Gläsernen Genlaboratoriums«, einem Gemeinschaftsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Umweltchemie und Ökotoxikologie IUCT und der Kunsthochschule für Medien KhM. »Das mobile Ausstellungsstück ist ein 1:1 Modell eines typischen Arbeitsplatzes aus einem realen Genlabor«, erläutert Dr. Dirk Prüfer vom IUCT, der gemeinsam mit dem Biologen und Künstler Dr. Klaus Fritze das Projekt initiiert hat. Das transportable Exponat verfügt über alle Gerätschaften, die auch in einem echten Labor zu finden sind – Schüttler, Pipetten, Glasröhrchen, Chemikalien und eine PCR-Maschine zum Vervielfältigen bestimmter Gensequenzen. Auch steril angezogene Tabak- und Kartoffelpflanzen sind zu sehen.

»Die Besucher dürfen nicht nur, sie sollen sogar die Werkzeuge und Apparate anfassen und selber ausprobieren«, berichtet Prüfer, der Leiter der Arbeitsgruppe Angewandte Genomforschung am IUCT. Wie die Geräte zu bedienen sind, erfahren die Besucher entweder aus kurzen Filmen, die auf der Arbeitsfläche eingespielt werden, oder direkt von einem Wissenschaftler. Um die Laboratmosphäre möglichst realistisch nachzustellen, müssen die Gäste zunächst einen weißen Kittel überziehen, bevor sie den Arbeitsplatz betreten dürfen. Aus dem Lautsprecher ertönen Stimmen von Wissenschaftlern im Gespräch, das Klirren von Glas und das leise Brummen von Maschinen ist zu hören. »Unser Ziel ist es, den Besuchern die soziale und wissenschaftliche Arbeitsnormalität in einem Genlabor zu zeigen«, erklärt Prüfer.

Das künstlerisch-wissenschaftliche Ausstellungsobjekt »Das Gläserner Genlaboratorium – Frankensteins Küche oder ein ganz normaler Arbeitsplatz« wurde mit Hilfe eines Förderpreises des Stifterverbands realisiert. Die Fraunhofer-Gesellschaft und die Kölner Kunsthochschule haben das Projekt unterstützt. Das Exponat ist mobil und kann ähnlich wie eine Flugzeugküche transportiert werden. Die nächsten Ausstellungsorte sind München und Berlin.

In der bayerischen Landeshauptstadt ist das »gläserne Genlaboratorium« anlässlich der Münchener Wissenschaftstage »life science live« vom 22.-26. Juni im Deutschen Museum zu sehen. Danach können Interessenten in Berlin erfahren, wie der Arbeitsplatz in einem Genlabor aussieht. In der Hauptstadt ist das Exponat vom 12. -17. September im Rahmen des Wissenschaftssommers in den Potsdamer Platz Arkaden zu besichtigen.

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Birgit Niesing Mediendienst

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