Neue EU-Chemikalienpolitik nützt auch der Wirtschaft
Studie zu neuem Chemikalienmanagement auf internationalem Workshop in Berlin vorgestellt
Die in der Europäischen Union geplante Neuorientierung bei der Registrierung, Evaluierung und Zulassung von Chemikalien (REACH) trägt nicht nur zur Verbesserung des Umwelt- und Gesundheitsschutzes bei, sondern stärkt auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der europäischen Chemiebranche. Wo die Potentiale liegen, zeigt ein Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU) und des Umweltbundesamtes (UBA), das heute in Berlin auf einem internationalen Workshop vorgestellt wurde.
Das derzeitige Chemikalienmanagement in Europa hat Schwächen. Es verschafft Stoffen, die schon vor Jahrzehnten auf den Markt gebracht wurden und immer noch unzureichend geprüft sind, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gut untersuchten Neuentwicklungen. Von den rund 30.000 relevanten Altstoffen sind nur für etwa 140 die Risiken systematisch bewertet. Mit REACH soll das anders werden. Hersteller und Importeure dürfen künftig nur noch solche Stoffe vermarkten, deren Eigenschaften und sichere Anwendungsbedingungen sie nachvollziehbar dokumentiert haben. REACH ist damit ein Meilenstein für den Schutz von Mensch und Umwelt.
Das Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) und das Institut für Ökologie und Politik (Ökopol) haben den praktischen Nutzen und die Probleme der Unternehmen bei der Umsetzung der neuen Regeln untersucht. Die Studie zeigt: Durch REACH werden sichere Produkte bessere Marktchancen bekommen. Angesichts des sich intensivierenden, globalen Warenaustausches werden alle Wirtschaftsregionen der Welt gezwungen sein, ihre Managementsysteme zur Produktsicherheit in den Lieferketten zu optimieren. Europäische Unternehmen haben die Chance, sich auf der Grundlage des REACH-Systems hier zum Vorreiter zu machen. Innovative, anpassungsfähige Unternehmen haben dann einen Wettbewerbsvorteil.
Darüber hinaus ist auch mit einem Rückgang volkswirtschaftlicher Schadenskosten zu rechnen: Die Verbesserung der Chemikaliensicherheit durch REACH wird längerfristig unter anderem zur Senkung der volkswirtschaftlichen Aufwendungen für chemikalienbedingte Berufskrankheiten, durch Chemikalien verursachte Gesundheitskosten, Kosten für Abwasserreinigung und der Wasseraufbereitung beitragen, weil genauere Daten die Chemikalien sicherer machen. Allein im Gesundheitsbereich sind den Angaben der EU zufolge Einsparungen von 2 Milliarden Euro pro Jahr möglich (bezogen auf die EU 15).
Im UBA-Forschungsprojekt „Analyse der Kosten und Nutzen der neuen Chemikalienpolitik“ ist am Beispiel von zwei chemikalienintensiven Wertschöpfungsketten – Wasch- und Reinigungsmittel sowie Lacke – der Nutzen von REACH einerseits und die Belastung der Unternehmen andererseits kritisch geprüft worden. Fazit: Die Kosten hängen davon ab, wie groß die Informationslücken zu Stoffen derzeit sind und auf welche Weise die Unternehmen sie in Zukunft schließen werden. Der größte Nutzen besteht darin, dass diese Lücken geschlossen werden. Die Projektergebnisse zeigen aber auch, dass die Ausgestaltung von REACH entscheidend für den Erfolg ist. Ohne klare, risikobezogene und praxisgerechte Regeln für die Daten- und Informationsanforderungen lässt sich die potenzielle Flexibilität von REACH nicht nutzen. Daher setzt sich die Bundesregierung unter anderem für Erleichterungen bei der Expositionsschätzung und für eine gemeinsame Registrierung von Stoffen durch verschiedene Hersteller ein, um den Registrieraufwand deutlich zu begrenzen und einer eventuellen Überforderung bestimmter Unternehmen zu begegnen.
Der von BMU und UBA veranstaltete Workshop unter dem Motto „Investieren in REACH – Start in eine chemikaliensichere Zukunft“ findet heute (1. September 2004) im Bundespresseamt in Berlin statt. Vertreterinnen und Vertreter aus Behörden, Industrie und Verbänden für Umwelt- und Verbraucherschutz sowie der EU-Kommission nehmen daran teil. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht das UBA-Forschungsprojekt „Analyse der Kosten und Nutzen der neuen Chemikalienpolitik“.
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