Bio-Schweine für die Forschung

Lebensmittelchemiker der Uni Münster arbeiten mit Bio-Bauernhof „Gut Wewel“ zusammen

Was haben süße rosige Ferkel mit der menschlichen Verdauung zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel, doch wer sich mit der Materie auskennt, weiß, dass der Darm des Schweines dem des Menschen sehr ähnlich ist und sich deshalb für Forschungszwecke anbietet. Auch bei der Untersuchung der Verarbeitung von Polyphenolen – sekundären Pflanzenstoffen, die in fast allen Nahrungsmitteln vorkommen – durch den Darm, sind Schweine ideal. Prof. Dr. Hans-Ulrich Humpf vom Institut für Lebensmittelchemie und die Doktorandin Kathrin Keppler untersuchen diese Pflanzenstoffe und arbeiten aus diesem Grund seit eineinhalb Jahren mit der Familie Kurzen auf dem Biobauernhof „Gut Wewel“ in Senden zusammen.

Polyphenole – jeder von uns konsumiert sie täglich, aber kaum jemand kennt sie. Dabei ist ihre Wirkung beträchtlich: Sie machen Trauben rot und Kaffee leicht bitter, sorgen für die gelbe Farbe der Aprikose genau so wie für das Rot der Paprika. Neben diesen genussfördernden Eigenschaften können sie aber noch viel mehr: In ausreichenden Mengen tragen sie zur Vorbeugung gegen Krebs bei, wirken entzündungshemmend und stärken das Immunsystem. Die empfohlene Vorgabe „Iss fünf am Tag“ – bezogen auf Obst und Gemüse – hat also nicht zuletzt wegen der Polyphenole ihre Gültigkeit.

Humpf und Keppler wissen um diese positiven Eigenschaften und untersuchen deshalb mit Hilfe der Schweine, wie viele der in Form von Speisen konsumierten Polyphenole tatsächlich vom Organismus aufgenommen werden. Denn nicht alles, was wir essen, kann auch tatsächlich vom Körper verwertet werden. Die entscheidende Rolle spielt dabei die Verdauung, wie Humpf erklärt: „Schon während die sekundären Pflanzenstoffe durch die Darmschleimhaut aufgenommen werden, beginnt ihr Abbau durch Darmbakterien.“ Es sei deshalb wichtig, zu untersuchen, wie viele der verzehrten Polyphenole im Organismus ankommen. Da eine Untersuchung am Menschen nicht möglich sei, bildeten Bio-Schweine eine gute Alternative. Sie seien am geeignetsten, da sie nicht mit Antibiotika behandelt würden.

Um eine möglichst hohe Natürlichkeit zu gewährleisten, werden den Bio-Schweinen direkt bei der Schlachtung Mikroorganismen aus den Därmen entnommen. Ausgewählte Polyphenole, die stellvertretend für die ganze Gruppe, die einige Tausend Pflanzenstoffe umfasst, stehen, werden mit ein bis zwei Milliliter dieser Organismen unter Ausschluss von Sauerstoff zwischen vier und 24 Stunden „bebrütet“. Schließlich wird die Mischung analysiert.

Als Ergebnis lässt sich jetzt schon erkennen, dass die Bakterien des Darms Polyphenole teilweise zersetzen würden. Die Untersuchungen ließen Rückschlüsse auf den Abbau der sekundären Pflanzenstoffe beim Menschen zu. Das und die Tatsache, dass im Mikromaßstab gearbeitet werde, sei das Besondere an diesen Untersuchungen, erklärt Humpf. Durch die Untersuchung an den Bio-Schweinen kann vielleicht demnächst auch geklärt werden, wie viele Äpfel ein Mensch beispielsweise essen muss, um ausreichend mit Polyphenolen versorgt zu sein.

Bei all der Freude über die Ergebnisse bleibt noch ein Wermutstropfen: Die buchstäblich „armen Schweine“. Aber keine Angst: Sie müssen ihr Leben nicht für die Forschung lassen. „Wir untersuchen nur Därme von Schweinen, die sowieso geschlachtet werden“, versichert Prof. Humpf.

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Brigitte Nussbaum idw

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