Anregung des Wachstums von beschädigtem Rückenmark
Bildung von Narbengewebe wird vermieden
Wissenschaftler von der Universität von Melbourne haben bei Mäusen das Wachstum beschädigten Rückenmarks durch die Blockierung eines Narben-verursachenden Moleküls angeregt. Dieses Ergebnis verspricht einen neuen Ansatz in der Behandlung von Rückenmarksverletzungen. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature.
Rückenmarksverletzungen wurden lange Zeit als unheilbar erachtet, weil die betroffenen Nervenzellen nicht wieder wachsen. Abhängig von der Lokalisation und dem Schweregrad der Schädigung, können Patienten gelähmt bleiben und unfähig, wichtige körperliche Funktionen zu kontrollieren. Aber in den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler, die versuchten die Rückenmarksschädigung rückgängig zu machen, eine Reihe verschiedener Ansätze verfolgt. Das Haupthindernis, mit dem sie bei der Züchtung von Nervenzellen konfrontiert waren, ist Narbengewebe. Nun haben die Forscher einen Weg gefunden, diese Narbenbildung zu vermeiden.
Das Team fand heraus, dass Mäuse, die ohne das Molekül EphA4 gezüchtet werden, nur sehr wenig Narbengewebe rund um das beschädigte Rückenmark produzieren. Die Forscher glauben, dass das daran liegt, dass EphA4 eine wichtige Rolle bei der Aktivierung der Astrozyten spielt, die für die Formation des Narbengewebes verantwortlich sind. Um zu testen, ob eine reduzierte Narbenbildung an der Heilung der Tiere beteiligt ist, haben die Forscher das Rückenmark von zwei Gruppen von Mäusen abgekappt: Die eine Gruppe hatte normale Mengen von EphA4, der anderen Gruppe fehlte das Molekül. Die Verletzung lähmte das linke Hinterbein der Tiere. Die Mäuse, denen EphA4 fehlte, erlangten ihre Schrittlänge binnen zweier Wochen wieder und nach einem Monat hatte sich die Bewegungsfähigkeit von Fußgelenk und Zehen erholt. Bei der Kontrollgruppe erholte sich die Schrittlänge nur bei 70 Prozent der Tiere, und sie erlangten die Bewegungsfähigkeit ihrer Fußgelenke und Zehen nicht wieder. Außerdem haben die Forscher herausgefunden, dass sich bei den Mäusen ohne EphA4 ein großer Prozentsatz der Rückenmarksnerven wieder gebildet hatte, bei den anderen Tieren nicht.
Vorausgehende Beobachtungen der Forscher implizieren, dass derselbe Effekt auch bei Affen auftritt. Wenn er sich auch bei Menschen bewahrheitet, könnte die Entwicklung von Medikamenten, die das EphA4 blockieren, ein wichtiges Hindernis der Reparatur von Rückenmark beseitigen. „Das ist eine sehr überraschende Erkenntnis“, kommentiert Ole Kiehn, Wissenschaftler am Karolinska Institute in Stockholm. Die Komplexität des Nervensystems bedeutet aber, dass viele Faktoren bei der Heilung des Rückenmarks eine Rolle spielen. Eine effektive klinische Behandlung muss aller Voraussicht nach eine Reihe von verschiedenen Ansätzen kombinieren. Ein Kritiker der aktuellen Ergebnisse ist Geoff Raisman vom University College in London, der selbst eine Methode entwickelt hat, die Zell-Transplantationen beinhaltet. Er weist darauf hin, dass der Sprung von der Maus zum Menschen ein großer Schritt in der Rückenmarksforschung ist, da sich kleine Tiere von Verletzungen oft ohne Rücksicht auf experimentelle Behandlungen gut erholen.
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