RUB-Chemiker entwickeln Methode zur exakten Bestimmung des Wassergehalts lebender Zellen
Infrarotlaser zeigt den Durst der Zelle
RUB-Chemiker entwickeln neue Methode
Erstmals möglich: Wassergehalt lebender Zellen bestimmen
Der Wassergehalt einer Zelle hat einen starken Einfluss auf ihre Funktion, u.a. auf diverse Zell-Stoffwechsel-Prozesse wie die Proteinproduktion. Eine neue Methode erlaubt es jetzt erstmals, diesen Wassergehalt genau zu bestimmen: Die RUB-Chemiker um Prof. Dr. Martina Havenith-Newen und Dr. Erik Bründermann nutzten ein Infrarotlaser-Mikroskop, das den Wassergehalt lebender Zelle exakt anzeigt und es erlaubt, dessen Veränderungen unter dem Einfluss verschiedener Wirkstoffe in Echtzeit zu verfolgen. „Die Methode bringt die Medizin ihrem Traum, den Wassergehalt von Zellen optimal einstellen zu können, einen großen Schritt näher“, so Prof. Havenith-Newen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in der Fachzeitschrift „The Analyst“ veröffentlicht.
Wassergehalt beeinflusst die Zellfunktion
Für die Funktion von Zellen ist es maßgeblich, wie viel Wasser sie enthalten. Der Wassergehalt beeinflusst z.B. die Produktion bzw. den Abbau von Proteinen und anderen Zellbestandteilen. Funktioniert die Zelle aufgrund von zuviel oder zuwenig Wasser nicht mehr richtig, kann der gestörter Wasserhaushalt zu verschiedenen Krankheiten wie z.B. Mukoviszidose führen. Der Wassergehalt in der Zelle verändert sich im Laufe des Lebens: Säuglinge haben einen höheren Wassergehalt in ihren Zellen als alte Menschen. Verschiedene Wirkstoffe beeinflussen den Wert – allerdings ließ sich ihr Effekt bislang nicht genau bestimmen. Mediziner mussten z.B. darauf zurückgreifen, eine ganze Leber vor und nach der Beeinflussung durch einen Wirkstoff zu wiegen und so auf den Wassergehalt der Zellen rückzuschließen. Jetzt ist dies auf Einzelzellniveau möglich.
Ohne Färben – Einzelne Zelle in Echtzeit beobachten
Jedes Molekül kann Energien aufnehmen und wieder abgeben. „Diese Energien unterscheiden sich von Molekül zu Molekül, so wie sich der menschliche Fingerabdruck von Mensch zu Mensch unterscheide“, erklärt Prof. Havenith-Newen. „Und so wie der menschliche Fingerabdruck charakteristisch für eine bestimmte Person, so sind diese Energien charakteristisch für ein ganz bestimmtes Molekül.“ Die Forscher sprechen daher von einem chemischen Fingerabdruck. Anhand der Stärke des Fingerabdrucks der Wassermoleküle in einer einzelnen, lebenden Zelle generiert das Mikroskop ein Bild der Zelle mit ihrem aktuellen Wassergehalt. Gibt man winzige Mengen eines Medikaments hinzu, kann man die Zelle in Echtzeit beim Anschwellen oder Schrumpfen durch die Aufnahme oder Abgabe von Wasser aus der umgebenden Pufferlösung beobachten. Die Zugabe von Insulin führt z.B. zum Anschwellen der Zellen. „Diese Methode ist äußerst reizvoll, weil wir nur minimale Dosen von Wirkstoffen brauchen, um ihren Effekt zu beobachten“, so Prof. Havenith-Newen. „Ein weiterer Vorteil unserer Methode ist, dass im Gegensatz zu den üblichen Methoden ein Anfärben bestimmter Zellbestandteile, das eventuell die Funktion der Zelle verändern könnte, nicht mehr nötig ist.“
Titelaufnahme
Bründermann et.al.: Fast quantification of water in single living cells by near-infrared microscopy. Analyst, 2004, Bd. 129, S. 893-896
Weitere Informationen
Dr. Erik Bründermann, Prof. Dr. Martina Havenith-Newen, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-28249, E-Mail: erik.bruendermann@rub.de, martina.havenith@rub.de
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