USA: Sturmangriff der Schnecken
Klimaänderung sorgt für Trockenheit und Explosion der Weichtiere
Die zunehmende Trockenheit hat Millionen von kleinen Schnecken zu den Salzmärschen der südlichen USA gelockt. Die Schnecken der Spezies Littoraria irrorata, die nur etwa 2,5 Zentimeter groß sind, nehmen in den Feuchtgebieten überhand. Experten warnen davor, dass die Trockenperioden durch die globale Erwärmung diese Situation des ökologischen Breakdown noch verschlimmern könnte, berichtet das Wissenschaftsjournal Nature.
Die kleinen Schnecken haben eine sehr eigenwillige und erst vor wenigen Jahren entdeckte Art der Nahrungsaufnahme: Sie fressen mit ihrer Raspelzunge Streifen in die Halme des Grases Spartina alterniflora. Auf ihrem Weg durch ihr Futter streifen sie Pilzsporen ab, die an ihrer Haut haften. Die Pilze können in dem offen gelegten Blattinnern und mit den Nährstoffen aus dem Schneckenkot besonders gut wachsen. Wenn die Tiere dann später nochmals zu den Grashalmen kommen, finden sie noch wertvollere Nahrung. Forscher hatten damals entdeckt, dass die Schnecken diese Pilze für ihr Wachstum brauchen.
Normalerweise leben Schnecken und Gras in perfekter Harmonie. Allerdings kam es in der Region 1999 bis 2001 zu Trockenperioden, die auch die großen Mengen von Gräsern anfälliger für Krankheiten machte. Dazu kam es zu einer explosionsartigen Vermehrung der kleinen Schnecken, wie Brian Silliman von der University of Florida in Gainesville herausgefunden hat. Und die Zukunft der Küsten-Ökosysteme an der Atlantikküste der USA sieht nicht gerade rosig aus, denn Klimaforscher sagen längere Trockenperioden voraus.
Was Silliman in seiner Studie beschreibt, klingt jedenfalls bedrohlich: in einem Teil Louisianas fand der Wissenschaftler bis zu 2.000 Schnecken pro Quadratmeter. „Schnecken über Schnecken lagen am Boden und das Gras, das hier bis 1,2 Meter hoch wächst, war unter der Last der Schnecken nur 30 Zentimeter hoch“, berichtet der Forscher. Wenn das Gras dann völlig abgefressen ist, suchen die Schnecken mit 15 Metern pro Stunde nach neuen Nahrungsquellen. Mehr als 100.000 Hektar Küstengebiet sind in den vergangenen sechs Jahren auf diese Art vernichtet worden. „In Regionen wie Louisiana kommen natürlich menschliche Aktivitäten hinzu, dennoch tragen auch die Schnecken Mitschuld daran“, meint der Wissenschaftler.
Silliman hat mit Forscherkollegen schneckenfreie Zonen im Marschland geschaffen, um zu erforschen, wie sehr die Schnecken für diese Zerstörung verantwortlich sind. Tatsächlich gedieh in dieser Zone das Gras. Als die Forscher die Salzgehalte im Boden künstlich anhoben und damit Trockenheit simulierten, stieg der ökologische Stress an. Das Gras war anfälliger für Krankheiten und Schnecken hatten ein leichtes Spiel. „Neu sind die Erkenntnisse, das Pflanzenfresser in Feuchtgebieten unter ökologischem Stress ein leichtes Spiel haben, nicht“, meint Bill Mitsch, Feuchtbiotop-Fachmann von der Ohio State University. Mitsch ist zwar nicht völlig überzeugt davon, dass das Zerstörungspotenzial der Schnecken derart groß ist, meint jedoch, dass die Arbeit darauf hinweise, dass Küstenzonen wie etwa Mangroven auch besonders empfindliche Ökogebiete sind. Sillimans Team untersucht derzeit andere Pflanzenfresser in Küstengebieten. Er und sein Team wollen herausfinden, ob Krabben in Argentinien einen ähnlichen Stress auf die Umwelt ausüben wie die Schnecken in Louisiana.
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