Knobel-Aufgaben für Bioinformatiker


Mannheimer Forscher helfen, die Sprache der Gene zu entschlüsseln / Biocomputing-Gruppe am Lehrstuhl Prof. Männer entwickelt Programme zur Vorhersage von Proteinstrukturen / Beteiligung an weltweitem Wettbewerb.

Der Bauplan des menschlichen Erbgutes ist zwar entschlüsselt. Mehrere Forschergruppen veröffentlichten in den vergangenen Monaten Aufbau und Abfolge der gesamten menschlichen Erbanlagen. Aber noch ist dieser Bauplan ein Buch, das niemand versteht. Bioinformatiker am Lehrstuhl von Prof. Dr. Reinhard Männer an der Universität Mannheim entwickeln deshalb Programme, die helfen, die Sprache der Gene zu übersetzen. Zur Zeit beteiligen sie sich mit ihrer Arbeit an einem weltweiten Wettbewerb, in dem die international besten Forscherteams die Genauigkeit ihrer Übersetzungsprogramme vergleichen.

Auch wenn die Sprache der Baupläne noch nicht entschlüsselt ist: Bekannt ist, was die Pläne generell beschreiben. Sie dienen im Wesentlichen als Bauanleitung, nach denen die Zellen bestimmte Biomoleküle, die sogenannten Proteine, produzieren. Proteine sind die Arbeitstiere der Zellen. Es gibt sie in vermutlich tausenden Varianten. Manche dienen beispielsweise als Baumaterial der Zellen, andere beschleunigen als Enzyme die biochemischen Reaktionsabläufe und wieder andere übernehmen als Hormone wichtige Steuerungsfunktionen im gesamten Organismus.

Die Funktion der Proteine wird durch ihre dreidimensionale Struktur bestimmt. Wüsste man, wie die Moleküle aussehen, welche die genetischen Baupläne beschreiben, so könnte man in einem zweiten Schritt auf ihre Funktion schließen. Mit diesem Wissen ließen sich beispielsweise viele Krankheiten verstehen und könnten maßgeschneiderte Medikamente entwickelt werden.
Ein wichtiger Schritt zum Verständnis des Erbgutes ist also die korrekte Vorhersage der dreidimensionalen Struktur von Proteinen. Diese Struktur zu berechnen, ist eines der großen ungelösten Probleme in der Biologie und speziell in der Bioinformatik. Eine Forschergruppe unter Leitung von Dr. Jürgen Hesser am Lehrstuhl Informatik V der Universität Mannheim (Prof. Dr. Reinhard Männer) hat hierfür eine ganze Reihe computergestützter Methoden entwickelt.

Weltweit arbeiten viele Wissenschaftler an der Strukturberechnung der Proteine. Um zu messen, wie effizient die verschiedenen Verfahren sind, hat eine Gruppe amerikanischer Forschungsinstitute den CASP-Wettbewerb ins Leben gerufen (Critical Assessment of Techniques for Protein Structure Prediction). Hier können Forschergruppen ihre Vorhersage für bestimmte Protein-Strukturen einreichen, die sie aus den genetischen Bauplänen berechnen. Der Trick dabei: Die Strukturen dieser Proteine konnten experimentell bereits geklärt werden, sie wurden von ihren Entdeckern jedoch noch nicht veröffentlicht. Erst bei der CASP4-Tagung Anfang Dezember in den USA wird die CASP-Jury das Geheimnis lüften. Gekürt wird schließlich das Forscherteam, das die tatsächlichen Strukturen am genauesten vorhersagen konnte.

43 Gen-Sequenzen haben die CASP-Organisatoren dieses Jahr via Internet allen interessierten Forscherteams als Knobel-Aufgabe angeboten. Die Arbeitsgruppe von Dr. Jürgen Hesser mit den beiden Doktoranden Eckart Bindewald und Silvio Tosatto sowie den Studenten Jochen Maydt und Achim Trabold hat es dabei geschafft, für alle Proteine des Wettbewerbs eine Struktur einzureichen. Und das Team kann sich noch vor der Tagung über einen zweiten Erfolg freuen: Für eines der Proteine wurde die Struktur bereits veröffentlicht. Das Team um Dr. Hesser hat sie im Wesentlichen korrekt vorhergesagt.


Kontakt:

Universität Mannheim
Lehrstuhl für Informatik V
Priv. Doz. Dr. Jürgen Hesser
Tel. 0621/181 – 26 35
E-Mail: jhesser@rumms.uni-mannheim.de

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Achim Fischer idw

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