Enzyme: Chemiker wollen ihre biologischen Helfer durchschauen

Chemiker haben es nicht einfach: Für ihre Forschungen und Synthesen brauchen sie oft Moleküle, die sie erst mit großem Aufwand herstellen müssen. Diese Mühen lassen sich aber gering halten, wenn natürliche Enzyme ins Spiel kommen. An der Universität Würzburg wollen Chemiker verstehen, wie diese biologischen Helfer funktionieren.

Der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Waldemar Adam am Institut für Organische Chemie ist es in Kooperation mit Prof. Dr. Peter Schreier vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie vor einigen Jahren zum Beispiel gelungen, mit einem Enzym aus dem Meerrettich ein relativ einfaches Verfahren zur Herstellung von optisch aktiven Hydroperoxiden zu entwickeln. Diese Moleküle werden für andere Synthesen als Sauerstoffspender benötigt und waren bisher nur schwer zu produzieren.

Enzyme sind biologisch aktive Eiweißstoffe. In lebenden Organismen machen sie Stoffwechselprozesse möglich, die ohne sie gar nicht oder nur zögerlich ablaufen würden, zum Beispiel die Umwandlung von Stärke zu Zucker.

Für die Chemiker sind Enzyme deshalb so interessant, weil sie schon bei milden Reaktionsbedingungen, also zum Beispiel bei Raumtemperatur, eine hohe Aktivität zeigen. Hinzu kommen eine gute Umweltverträglichkeit und eine hervorragende Selektivität. Das heißt: Enzyme lassen nicht verschiedene und unerwünschte Reaktionen gleichzeitig ablaufen, sondern in der Regel nur eine einzige, nämlich die erwünschte.

Prof. Adam: „Für die effiziente Nutzung von Enzymen in der organischen Synthese ist es allerdings unerlässlich, dass wir die Arbeitsweise der Enzyme genau kennen.“ Die Forschungsgruppe des Würzburger Chemikers untersucht daher die von Peroxidase-Enzymen bewerkstelligte Oxidation von schwefelhaltigen Molekülen, den Sulfiden. Das Projekt wird von der Volkswagen-Stiftung (Hannover) gefördert und in Kooperation mit Prof. Alicia Penenory von der National University of Cordoba (Argentinien) durchgeführt.

Als Enzyme verwenden die Wissenschaftler die Meerrettichperoxidase, die Chloroperoxidase und so genannte Cytochrom-P-450. Bei den Untersuchungen spielen sehr reaktive und kurzlebige Schwefel-Radikale eine Schlüsselrolle. Diese entstehen, wenn einem schwefelhaltigen Molekül chemisch, photochemisch oder enzymatisch ein Elektron entzogen wird. Verwendet man hierfür maßgeschneiderte Schwefelverbindungen, dann reagieren die Radikale zu genau definierten Produkten. Deshalb können sie dabei helfen, den Verlauf einer enzymatischen Oxidation zu verstehen.

Bei der von Peroxidase-Enzymen durchgeführten Oxidation von Sulfiden sind zwei Reaktionswege möglich: Entweder überträgt die Peroxidase ein Sauerstoffatom, das sie zuvor aus einer Sauerstoffquelle wie Wasserstoffperoxid entnommen hat, direkt auf das Sulfid. Oder aber es findet zunächst eine Elektronenübertragung aus dem Sulfid auf das Enzym statt und das hierbei gebildete Schwefel-Radikal wird anschließend durch das Enzym in ein Sulfoxid umgewandelt.

Die Chemiker wollen bei diesem Projekt Erkenntnisse gewinnen, die sie dann für die Gestaltung effizienter Peroxidase- und Oxidase-katalysierter Oxidationen für die Synthesechemie nutzen können.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Waldemar Adam, T (0931) 888-5340, Fax (0931) 888-4756, E-Mail: 
adam@chemie.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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