Enzyme am Stoffwechsel-Fließband

Struktur der Glutamyl-tRNA-Reduktase

Eiweißstruktur für lebenswichtigen Stoffwechselschritt aufgeklärt – Ergebnisse liefern Ansätze für neue Antibiotika und Pflanzenschutzmittel

Wissenschaftler der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) und der Technischen Universität Braunschweig haben die Struktur eines Enzyms aufgeklärt, das Schrittmacher bei der Bildung der lebenswichtigen Farbstoffe Häm und Chlorophyll in Bakterien und Pflanzen ist. Ohne diese Farbstoffe können grundlegende Stoffwechselvorgänge wie Atmung und Photosynthese nicht ablaufen. Im Fachmagazin „EMBO Journal“ beschrieben die Wissenschaftler jetzt die Struktur des Eiweißes Glutamyl-tRNA-Reduktase. Mit diesen Ergebnissen lassen sich neue Ansätze für die Entwicklung von Antibiotika und Pflanzenschutzmitteln finden.

Eigenwillig ist die Arbeitsweise des Enzyms: Es entlässt das verarbeitete Stoffwechselprodukt nicht in die Zelle, sondern reicht es wie am Fließband unmittelbar einem weiteren Enzym zur Bearbeitung weiter. Wie ein Schrittmacher steht es dabei am Beginn der Farbstoffsynthese. Eine Besonderheit ist auch seine Struktur. Es besteht aus zwei gleichen Bausteinen, die V-förmig angeordnet sind. So kann das Enzym zwei Substratmoleküle gleichzeitig binden und verarbeiten. Anschließend gibt es sein Produkt direkt an das Folgeenzym weiter, das perfekt in die Struktur der Reduktase passt.

„Indem wir das Enzym bei seiner Arbeit hemmen, können wir gezielt Bakterien bekämpfen. Aber auch das Design umweltschonender Herbizide wird möglich“, sagt Dr. Dirk Heinz, Leiter der Forschergruppe Struktur mikrobieller Pathogenitätsfaktoren an der GBF. „Menschen und Tiere besitzen dieses Enzym nicht, Wirkstoffe sind daher für sie ungefährlich.“ Professor Dieter Jahn, Leiter des Instituts für Mikrobiologie der TU Braunschweig, sieht eine weitere wirtschaftliche Bedeutung der neuen Erkenntnisse: „Das Enzym spielt bei der Synthese von Vitamin B12 eine zentrale Rolle. Die Industrie stellt das Vitamin mit Hilfe von Bakterien im großen Maßstab her. Wenn wir die Wirksamkeit der Glutamyl-tRNA-Reduktase steigern können, ist es möglich, B12 effizienter zu produzieren.“

Die Aufklärung der Struktur der Glutamyl-tRNA-Reduktase erregt wegen ihrer vielfältigen Aspekte die Aufmerksamkeit der Wissenschaftlergemeinde. So wird das Fachmagazin „Science“ in der Rubrik „Editors choice“ auf diese Veröffentlichung hinweisen.

Der Titel der wissenschaftlichen Arbeit lautet: „V-shaped structure of glutamyl-tRNA reductase, the first enzyme of tRNA-dependent tetrapyrrole biosynthesis“ Jürgen Moser, Wolf-Dieter Schubert, Viola Beier, Ingo Bringemeier, Dieter Jahn and Dirk Heinz. The EMBO Journal. Vol.20 No.23 pp.6583-6590.

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Thomas Gazlig idw

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