Schleimpilze helfen beim Kampf gegen die Legionärskrankheit
Die Legionärskrankheit ist eine gefährliche Infektion: Sie führt zu einer schweren Lungenentzündung, die oft tödlich endet. Bislang ist es für Wissenschaftler schwierig, die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die im Körper der Erkrankten ablaufen. Doch hier können bestimmte Schleimpilze Abhilfe schaffen, wie Infektionsforscher von der Uni Würzburg herausgefunden haben.
Ob ein Mensch krank wird oder nicht, hängt sehr stark von seiner körperlichen Konstitution ab. Das gilt auch für bakterielle Infektionskrankheiten, bei denen der Zustand des Immunsystems, Impfungen oder erbliche Veranlagungen die Anfälligkeit gegenüber den Erregern beeinflussen.
Zwar sind dies Binsenweisheiten, doch die Analyse der zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen sei sehr schwierig, wie der Wissenschaftler Dr. Michael Steinert vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Würzburger Universität sagt. Das gelte auch für die Legionärskrankheit, die durch das Einatmen von mit Legionella-Bakterien belasteten Aerosolen aus Klimaanlagen und Duschen übertragen wird. Während sich die krankheitsauslösenden Faktoren der Legionellen auf molekularer Ebene sehr gut untersuchen lassen, seien entsprechende genetische Untersuchungen bei infizierten Menschen kaum möglich.
Hier sollen nun Schleimpilze (Dictyostelium discoideum) Abhilfe schaffen. Ihr Name stammt aus einer Zeit, als die Wissenschaft die wahre Natur dieser Organismen noch nicht erkannt hatte: In Wirklichkeit handelt es sich nämlich nicht um Pilze, sondern um Amöben. Schleimpilze besiedeln normalerweise die oberen Schichten des Erdbodens und sind seit langem ein Versuchsobjekt der Zellbiologen.
Der Arbeitsgruppe von Dr. Steinert ist es gelungen, Schleimpilze mit Legionellen zu infizieren und erstmals zu zeigen, dass diese Organismen ein hilfreiches Modellsystem für die Forschung über die Legionärskrankheit sind: „Auch wenn die Schleimpilze nicht zu husten anfangen, so helfen sie uns doch zu verstehen, was in einer infizierten Wirtszelle passiert“, so Dr. Steinert.
Der Vorteil des Modellsystems liege darin, dass es sehr leicht manipuliert werden kann: In den Schleimpilzen können Schalter für die zelluläre Informationsübertragung oder Rezeptoren, die zur Etablierung der Legionella-Infektion notwendig sind, gentechnisch ausgeschaltet oder verändert werden. Darüber hinaus reagieren die Schleimpilze auf bestimmte chemische Botenstoffe, indem sie eine Reihe von Zellsignalwegen nutzen, die auch beim Menschen vorkommen.
Dr. Steinert: „Sehr hilfreich für die geplanten Untersuchungen ist auch die voraussichtlich im Jahr 2002 abgeschlossene Sequenzierung des Erbguts der Dictyostelien. Hierdurch sind vergleichende Analysen mit dem menschlichen Erbgut möglich.“ Die Ergebnisse dieses von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts sollen dazu beitragen, die Anfälligkeit für Infektionen zu verstehen und langfristig neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Weitere Informationen: Dr. Michael Steinert, T (0931) 31-2588, Fax (0931) 31-2578, E-Mail:
michael.steinert@mail.uni-wuerzburg.de
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