Große Seevögel spüren Beute mit ihrem Geruchssinn auf

Dr. Nevitt erforschte Albatrosse, Sturmvögel und Sturmtaucher in ihrer natürlichen Umgebung in der Antarktis. Ihre Forschungsstation hatte sie mit ihren Kollegen in einer Hütte in der Nähe einer Vogelkolonie errichtet. Sie untersuchten, inwieweit Gerüche die Herzschlagrate der Vögel beeinflusst. Diese Studien gaben den Wissenschafterinnen Einblick, wie die Sinnesorgane der Tiere arbeiten und wie die Umwelt die Wahrnehmung und das Verhalten der Tiere beeinflusst.

Seevögel überfliegen riesige Wasserwüsten und halten „Ausschau“ nach Krill- und Fischschwärmen. „Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem heissen Sommertag inmitten einer 160 Quadratkilometer großen Steppe und suchen ein Eis“, erläuterte Dr. Nevitt. „Das Leben ihres Kindes hängt davon ab, dass Sie dieses Eis finden, bevor es geschmolzen ist. Mit solch einem ähnlich gelagerten Problem befassen wir uns“, sagte sie.

Die Vögel sind beim Bewältigen dieser Aufgabe sehr viel besser als die Menschen, auch wenn diese über die modernsten Techniken verfügen. Die meisten Seevögel haben einen sehr großen Riechkolben, mit dessen Hilfe sie ganz ausgezeichnet Gerüche aufspüren können. Der Mensch hat diese Fähigkeit mit seiner Nase nicht und ist auch nicht in der Lage, diese Fähigkeit der Vögel künstlich nachzuahmen.

Wie Dr. Nevitt herausfand, können Seevögel einen ganz bestimmten Geruch erkennen, den von Dimethyl-sulphid (DMS). DMS wird von Phytoplankton produziert und diesem Geruch folgen Seevögel bei ihrer Nahrungssuche. Phytoplankton ist darüber hinaus unter anderem die Nahrung des Krill.

„Wir gehen davon aus, dass die Seevögel ihre Nahrungssuche über weite Entfernungen hinweg in zwei Schritten bewältigen. Zuerst lokalisieren sie mit Hilfe ihres Geruchssinns fischreiche Gewässer. Dort angekommen, suchen sie das Areal systematisch ab, und gehen dabei „ihrer Nase nach“ und nehmen unterschiedliche Gerüche, je nach Spezies, wahr.

Kürzlich erforschten Dr. Nevitt und ihre Kollegen, wie Höhlenbrüter ihren Geruchssinn entwickeln. Die Küken verbringen die ersten sechs Wochen ihres Lebens in völliger Dunkelheit und ihre Eltern verlassen sie kurz nachdem sie aus dem Ei geschlüpft sind. Flügge geworden, müssen sie auf ihre erste Nahrungssuche ohne Unterstützung der Eltern gehen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie ihre Eltern mit ihrem ausgewürgten Mageninhalt ernährt. Wissenschaftler wissen nicht, wie diese jungen Seevögel beim ersten Mal ihre Jagdbeute erkennen können, abgesehen davon, wie sie überhaupt zu den weit entfernten Jagdgebieten gelangen. Dr. Nevitt vemutet, dass vermeintlich „ungelernte“ Jungvögel die Gerüche des Ozeans, darunter DMS, von den anfänglich ins Nest zurückkehrenden Eltern kennengelernt haben. Dabei werden die Küken diese Gerüche mit „Beute“ verknüpft haben. Tatsächlich konnte Dr. Nevitt zeigen, dass scheinbar ungelernte Jungvögel mehr auf den Geruch von Beute reagieren, als auf Gerüche, die nichts mit Nahrung zu tun haben.

Weiter konnte Dr.Nevitt in Zusammenarbeit mit französischen Wissenschaftlern des CNRS (Centre National de la Recerche Scientifique) demonstrieren, dass eine Seevogelart ihren Lebenspartner über den Geruchssinn findet. Damit hatten die Wissenschaftler erstmals zeigen konnen, dass Vögel in der Lage sind, andere Vögel am Geruch zu erkennen. Die Arbeit kann dazu beitragen, die Vorgänge bei der Partnerwahl dieser Vögel, die sich ein Leben lang binden, besser zu verstehen.

Die Forschungskonzepte von Dr. Nevitt werden jetzt auch auf andere Tiere angewendet, wie zum Beispiel auf Riesenhaie, Pinguine, Seelöwen, Seeschildkröten und Meeresfische. „Das ermutigt mich, zu sehen. Früher machten sich meine Kollegen über mich lustig, wenn ich verrückte Experimente gemacht habe, zum Beispiel mit fliegenden Drachen, an die geruchsgetränkte Wattebäusche angebracht waren“, sagte sie.

Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten steht die Verhaltensforschung, die letzlich dazu dienen soll, die Tiere vor dem Aussterben zu bewahren. So werfen etwa Hochseefischer Fischabfälle ins Meer, um die Seevögel von ihren Fischleinen wegzulocken. Aber tatsächlich gefährden sie die Vögel damit, weil der Geruch sie anlockt. Wenn dann noch Angelhaken dabei sind, ist das noch gefährlicher. So gehen den Fischern jährlich 100 000 Seevögel als „Beifang“ ins Netz. „Wenn wir verstehen, wie Seevögel ihre Nahrung suchen, können wir vielleicht Wege aufzuzeigen, sie vor Netz und Angelhaken zu schützen“.

ABSTRACT S36.1

Notes to Editors Das Forum 2006 der Federation of European Neuroscience Societies (FENS) wird veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Neurowissenschaften und der Deutschen Neurowissenschaftlichen Gesellschaft. An der Tagung nehmen über 5000 Neurowissenschaftler teil. Die FENS wurde 1998 gegründet mit dem Ziel, Forschung und Ausbildung in den Neurowissenschaften zu fördern sowie die Neurowissenschaften gegenüber der Europäischen Kommission und anderen Drittmittelgebern zu vertreten. FENS ist der Europäische Partner der Amerikanischen Gesellschaft für Neurowissenschaften (American Society for Neuroscience). Die FENS vertritt eine große Zahl europäischer neurowissenschaftlicher Gesellschaften und hat rund 16 000 Mitglieder.

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