Klebende Seide aus Spinnenbeinen

Spinnen weben Netze und spinnen Fäden – mit Hilfe spezieller Drüsen am Körper der Spinne. Andere Arten wie die haarigen Vogelspinnen nutzen als Kletterhilfen feine Härchen. Dass entgegen der bisherigen Meinung auch die Vogelspinnen eine bisher unbekannte Form einer Haftseide herstellen und zur Fortbewegung nutzen, hat die Jenaer Biologin Dr. Senta Niederegger herausgefunden. Die haarigen Spinnen können aus vorher unentdeckten Drüsen an den Beinen eine stark klebrige Seide erzeugen, die ihnen auch auf glatten Oberflächen einen besseren Halt erlaubt, wie Dr. Niederegger gemeinsam mit ihren Forscherkollegen um den Bionik-Experten Prof. Dr. Stanislav Gorb am Stuttgarter MPI für Metallforschung kürzlich in der Zeitschrift „nature“ (Nature/Vol 443/2006) berichtet.

Diese Entdeckung im Rahmen ihrer Doktorarbeit ist Senta Niederegger, die am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena tätig ist, rein zufällig geglückt: Eine im Labor vergessene Videokamera beobachtete stundenlang Niedereggers Forschungsobjekt, die Vogelspinne „Aphonopelma seemanni“. „Bei der Durchsicht des Films sahen wir dann die unerwarteten Fäden“, erinnert sich die Forscherin, die in ihrer Promotionsarbeit in Stuttgart das „Haarige Haftsystem bei Arthropoden“ untersucht hat.

Die als Terrarium-Bewohner beliebten Vogelspinnen waren vorher noch nie beim Weben von Fäden beobachtet worden. „Wir haben festgestellt, dass sie dafür bisher unbekannte Drüsen an den Beinen nutzen“, erklärt Niederegger. Die mit Hilfe dieser Beindrüsen erzeugten Fäden sind sehr viel dünner als gewöhnliche Spinnenfäden, 100 Mal dünner als ein Haar und mit bloßem Auge kaum zu erkennen. „Die so gesponnene Seide enthält aber einen hochwirksamen Haftkleber“, so Niederegger, „damit kann sich die schwere Spinne, die aufgrund ihrer Größe beim Klettern Unterstützung braucht, auch an Glaswänden halten.“ Vogelspinnen sind sehr groß, allein der Körper der Aphonopelma seemanni kann ohne Beine bis zu acht Zentimeter messen. Die stark behaarten Spinnentiere weben keine Netze, sind mit ihren acht Beinen aber sehr schnell, so dass sie ihre Beute jagen. Die von Niederegger entdeckte Haftseide ist daher wohl eine reine Kletterhilfe.

Was dieser Seide ihre hohe Klebekraft verleiht, ist aber noch offen: „Die Haftseide wird aus den Beindrüsen als Flüssigkeit ausgeschieden und verfestigt sich an der Luft zu einem elastischen, klebrigen Faden“, beschreibt Senta Niederegger. Das Material dieser unbekannten Seide genau zu analysieren bleibt allerdings anderen Forschergruppen überlassen. Die Insekten-Spezialistin Dr. Senta Niederegger erforscht derzeit an der Jenaer Rechtsmedizin die Bestimmung der so genannten Leichenliegezeit und des Ortes anhand von Insekten.

Ansprechpartnerin:
Dr. Senta Niederegger
Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 / 937927
E-Mail: Senta.Niederegger[at]med.uni-jena.de

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Helena Reinhardt idw

Weitere Informationen:

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