Umweltfreundlicher Reiniger für die Lebensmittelbranche im Aufwind
Bereits im November 2006 fand am ttz Bremerhaven der erste Bremerhavener Workshop zur Anwendung von Ozon in der Lebensmittelindustrie statt. Vertreter aus der Lebensmittelbranche, dem Anlagenbau, der Beratung sowie Forschung und Entwicklung beteiligten sich an einem regen Austausch über Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen einer Reinigung und Desinfektion von Apparaturen in der Lebensmittelindustrie mit Ozon.
Im Rahmen des EU-Projektes OZONECIP soll die so genannte „Cleaning in Place (CIP)-Technologie“ am Beispiel der Brauerei Beck & Co. und der Meierei-Genossenschaft e. G. Langenhorn getestet werden. In 2007 wird der Austausch zwischen Wissenschaft und Industrie intensiviert: für die zweite Jahreshälfte ist ein weiterer Workshop geplant, um erste Forschungsergebnisse zu diskutieren und die Anforderungen der Hersteller und Anlagenbauer mit einzubeziehen.
Im vergangenen Workshop stellten Projektverantwortliche die bisher im EU-Projekt „OZONECIP“ erarbeiteten Grundlagen zur Reinigung und Desinfektion vor. Wissenschaftler und Firmenvertreter erläuterten an verschiedenen Fallbeispielen aus der Industrie Möglichkeiten und Grenzen eines auf Ozon basierenden Reinigungsverfahrens für die Lebensmittelindustrie.
Neben Referenten des ttz Bremerhaven äußerte sich unter anderem Dr. Ing. Carsten Eger von der Brauerei Beck & Co. zu den Einsatzmöglichkeiten von Ozon als Reinigungsmittel in der Großindustrie. Der Referent lobte die Umweltverträglichkeit von Ozon: „Desinfektionsmittel geraten wegen möglicher Rückstände oft in die Kritik – hier wird nach umweltverträglichen Alternativen gesucht. Der Einsatz von Ozon könnte die aktuellen Anforderungen in Brauereien erfüllen.“ Doch nicht nur für große Hersteller ist die Technologie interessant, auch der Mittelstand sieht Einsparungspotentiale im Wasserverbrauch und begrüßt den gänzlichen Verzicht auf chlorierte Reinigungs- und Desinfektionsmittel.
Allerdings ist der finanzielle Spielraum und damit die Risikobereitschaft geringer: „Der Nachweis der Wirksamkeit einer Reinigung und Desinfektion mit Ozon muss noch weiter erarbeitet werden, bevor ein kleines oder mittelständisches Lebensmittelunternehmen die Investitionskosten wagen kann“, erläutert Holmer Wöhlk vom ttz Bremerhaven. Er vertrat im Rahmen des Workshops die Meierei-Genossenschaft e. G. Langenhorn.
Der technische Leiter des Umweltinstitutes, Herr Dr. Schories, leitete die abschließende Podiumsdiskussion. Er resümiert, dass neben der Verfahrensoptimierung auch die rechtlichen Grundlagen in der EU für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie geschaffen werden müssten. Bisher sei Ozon nur in der Mineralwasserherstellung im Einsatz. „Das Potential ist aber sehr viel größer. Für die gesamte Getränkeindustrie könnte der Einsatz von Ozon ernorme Einsparungspotentiale eröffnen. Der Verzicht auf chemische Reiniger ist zudem nicht nur umweltfreundlich sondern auch verbrauchergerecht. In den USA wird Ozon bereits in vielen Sparten der Lebensmittelbranche eingesetzt. Außerdem sind Ozongeneratoren vergleichsweise kostengünstig und haben laut Anlagenhersteller kurze Amortisationszeiten von einem Jahr oder weniger.“
Das Cleaning In Place-Verfahren
Im Zentrum des Workshops stand die so genannte CIP(Cleaning In Place)-Technologie, die auf Ozon basiert und gänzlich auf den Einsatz gefährlicher und umweltschädlicher Chemikalien verzichten soll. Es handelt sich um ein neues Verfahren, dessen Entwicklung im Zentrum des EU-Projektes OZONECIP steht. „Reizvoll an dieser Technologie ist, neben dem Verzicht auf chemische Reinigungsmittel, dass erhebliche Wassermengen bei dem Reinigungsprozess eingespart werden können“, erläutert Miguel Prieto, Projektleiter am ttz Bremerhaven.
Funktionsweise von Ozon
In der Regel werden Produktionsprozesse in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie von einem sehr hohen Wasserbedarf begleitet. Das Wasser wird in erster Linie zur Reinigung und Desinfektion der Maschinen und Anlagen verwendet (sog. Cleaning in Place – CIP). Der Wasserverbrauch ist enorm: In einer Brauerei werden zum Beispiel pro Hektoliter Bier rund 4-8 Hektoliter Wasser eingesetzt. Um die in der Lebensmittelbranche notwenigen Hygienebedingungen sicherstellen zu können, müssen dem Waschwasser erhebliche Mengen an Chemikalien (z. B. Chlorprodukte) zugesetzt werden. Diese Produkte sind nicht nur sehr teuer, sondern auch stark umweltbelastend. Ozon hingegen funktioniert anders als herkömmliche Reinigungsmittel: Als eine besondere Erscheinungsform von Sauerstoff, besitzt in Wasser gelöstes Ozon eine starke Desinfektionswirkung. Ozon ist ein aktiver Sauerstoff (O3) und wird aus „normalem“ Sauerstoff (O2) erzeugt. Das im Reinigungswasser gelöste Ozon reagiert sehr schnell mit den Verschmutzungen, nach verrichteter Arbeit zerfällt das Ozon wieder zu Sauerstoff.
Das EU-Projekt OZONECIP
Das Projekt startete Ende 2005. In dem dreijährigen Vorhaben wird eine Demonstrationsanlage zur Anwendung von Ozon im CIP(Cleaning In Place) am Beispiel von Brauereien, Weingütern und Molkereien entwickelt und unter praktischen Bedingungen erprobt. Die Ergebnisse sollen in den derzeitigen Stand der Technik sowie in zukünftige europäische technische Direktiven einfließen. Anschließend ist eine Übertragung auf weitere Sektoren der Lebensmittel- und Getränkeindustrie denkbar. Das Projekt OZONECIP wird im Rahmen des LIFE III-Environment-Programms mit einer Gesamtfördersumme der Europäischen Kommission von rund 395.000 Euro unterstützt. Folgende Partner aus Industrie und Forschung arbeiten mit dem ttz Bremerhaven (Forschungspartner) in dem EU-Projekt zusammen: AINIA Centro Tecnológico (Spanien) als Projektkoordinator, Gdansk University of Technology (Polen), Allied Domecq Bodegas (Weinkellerei, Spanien) Brauerei Beck GmbH & Co. KG (Bremen) und die Meierei Genossenschaft e.G. Langenhorn.
Das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven versteht sich als innovativer Forschungsdienstleister und betreibt anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung. Unter dem Dach des ttz Bremerhaven arbeitet ein internationales Team ausgewiesener Experten in den Bereichen Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik, Analytik sowie Wasser-, Energie- und Landschaftsmanagement.
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