Molekulares Rendezvous vor der Kamera
Der menschliche Körper ist eine nahezu perfekte Maschine. Für sein Funktionieren ist er darauf angewiesen, dass jede einzelne Komponente, sprich jedes Molekül, seine spezifische Funktion zuverlässig erfüllt. Dazu muss es andere Moleküle „erkennen“ und mit ihnen zusammenarbeiten. Einem Team aus Forschern vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung, Stuttgart, vom Fraunhofer Institut, Freiburg, und vom King's College, London, ist es nun gelungen, Molekül-Paare beim Erkennungsprozess zu filmen. Wie die Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, passt sich dabei die Molekülform wechselseitig aneinander an.
Nicht nur wir Menschen, auch Moleküle „begrüßen“ einander mit einer Art „Handschlag“. Jeder, der schon versucht hat, die rechte Hand seines Gegenübers mit seiner Linken zu schütteln, wird auf Schwierigkeiten gestoßen sein. Rechte und linke Hand kann man nicht zueinander passend machen. Genauso können bestimmte Moleküle, die in einer „rechtshändigen“ (D-) und „linkshändigen“ (L-) Form existieren, erkennen, ob ihr Gegenüber ein D oder ein L ist.
Magalí Lingenfelder und Kollegen von Max-Planck-Institut für Festkörperforschung konnten mittels Rastertunnelmikroskopie Bildfolgen aufnehmen, die „Begegnungen“ auf einem Substrat adsorbierter Di(phenylalanin)-Moleküle detailliert verfolgen. Di(phenylalanin) bildet das zentrale Strukturmotiv innerhalb von Polypeptidfasern, die bei Alzheimer-Patienten gefunden werden. Aus diesen Filmsequenzen geht hervor, dass sich immer nur Moleküle gleicher Chiralität (Händigkeit) bereitwillig zu Paaren und Ketten zusammenfinden.
Wie beim Händedruck reicht es nicht, die rechten Hände einfach aneinander zu halten. Damit sie richtig ineinander greifen, muss jeder seine Hand bewegen, um die Handform aneinander anzupassen. Auch das tun die Moleküle: Wie genaue Beobachtungen aus dem Film, gestützt von theoretischen Modellrechnungen der Forscher vom King's College, erstmalig belegen, findet eine solche dynamische Formanpassung auch beim „Händedruck“ zwischen zwei Molekülen statt.
„Mit unseren Arbeiten konnten wir endlich nachweisen, dass Linus Pauling vor über 50 Jahren Recht hatte mit seiner These der zwischenmolekularen Anpassung,“ sagt Lingenfelder. „Bei der Erkennung zwischen Molekülen ist weniger deren statische Form von Bedeutung, sondern vielmehr, inwieweit sie sich dynamisch aneinander anpassen können.“
Angewandte Chemie: Presseinfo 18/2007
Autor: Magalí Lingenfelder, Max-Planck-Institut für Festkörperforschung, Stuttgart (Germany), http://www.fkf.mpg.de/kern/res_team/index.html
Angewandte Chemie, doi: 10.1002/ange.200700194
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany
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