Fische in der Elbe
Ergebnisse eines vierjährigen Forschungsprojektes werden in Havelberg präsentiert. Universitäten, Hochschulen und Leibniz-Institute wirkten zusammen
Die bisher größte Fachtagung über Fische in der Mittelelbe findet am 7. April in Havelberg (Hotel "Am Schmokenberg") statt. Auf der Tagung werden die Ergebnisse des vierjährigen Forschungsprojektes "Ökologie der Elbefische" vorgestellt. Das Projekt hat eine Reihe neuer Erkenntnisse über Verbreitung, Wanderrouten, saisonales Verhalten und Bevorzugung von Lebensräumen insbesondere der Arten Rapfen, Aland, Blei, Zander und Quappe erbracht.
An dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten und koordinierten Projekt wirkten die Universität Hamburg, die Freie Universität Berlin, das Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Berlin, das Institut für Binnenfischerei (IfB) Potsdam Sacrow, die Technische Universität Braunschweig und die Universität Rostock mit.
Die Tagung in Havelberg umspannt ein thematisch interessantes Spektrum von der geomorphologischen Geschichte des Flusses und dem historischen Fischbestand der Mittel- und Tideelbe über gegenwärtige Vorkommen bis hin zur geplanten Wiedereinbürgerung ausgestorbener Arten wie des Europäischen Störs (Acipenser sturio) in der Elbe. Der Stör besitzt eine Leitartfunktion für die Verbesserung unserer Fließgewässer.
Schwerpunkt der Tagung ist der ökologische Zusammenhang zwischen Fischgemeinschafts- und Lebensraumstrukturen der Elbe. Die im Elbeabschnitt zwischen Magdeburg und Boizenburg von 1997 bis 2001 gewonnenen Untersuchungsergebnisse bilden einen Datenpool, der nach Ansicht von Experten große Bedeutung für die Leitbildentwicklung und Modellierung von Lebensräumen (Habitaten) besitzt und ökologisch begründete Entscheidungen in der Praxis fördert.
Markierung mit Radiosendern
Um die Wanderungen der Elbefische zu untersuchen, wurden seit 1997 etwa 200 Fische der Arten Rapfen, Aland, Blei, Zander und Quappe mit kleinen Radiosendern versehen. Anhand der ausgesandten Signale konnte der Standort der Fische zu jeder beliebigen Zeit exakt geortet und jedes einzelne Tier individuell erkannt werden. Dabei zeigten sich z.T. beträchtliche Unterschiede im Verhalten von Individuen selbst gleicher Art. Während einige Fische innerhalb eines Jahres einen Flussabschnitt von 2 bis 5 km nicht verließen, wanderten andere von Havelberg bis nahe Hamburg, also mehr als 170 km. Auch Quappen wurden bei über 100 km langen Wanderungen beobachtet, wenn ihnen bei der Überwindung der Staustufe in Geesthacht geholfen wurde. "Käme diese Hilfe rechtzeitig, würden sie möglicherweise wieder ihre Laichplätze in der Havel aufsuchen", meint Biologe Frank Fredrich vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), der die Beobachtung seit 1997 auf den Elbegewässern durchführt. Besonders bei Zandern hat er eine enge Bindung der Fische an ihren Winterstandort in Häfen oder großen, tiefen Altarmen beobachtet. Allerdings laichen die Fische auch in diesen Gewässern, während die Rapfen und Alande die Winterstandorte vor der Laichzeit verlassen und im Strom laichen. Ferner stellte er fest, dass durchbrochene Buhnen, hinter denen sich tiefe, strömungsberuhigte Kolke bilden, von den Fischen gern aufgesucht werden, während intakte Buhnen eine große Strukturmonotonie in der Mitte des Flusses verursachen (Tiefe, Strömung, Sediment, Nahrung), so dass dort sehr selten Fische beobachtet wurden.
Die Untersuchungen zeigen, dass die Fische offensichtlich einen sehr großen Flussabschnitt kennen, sich in ihm problemlos orientieren. "Da auf deutschem Territorium in der Elbe nur die Staustufe bei Geesthacht existiert, könnten die Fische nahezu 600 km ungehindert wandern, was sie gewiss auch tun", ist sich Fredrich sicher. "Man muss sie nur lange genug beobachten." Trotz zahlreicher Nebengewässer in der Elbe konstatierten die Wissenschaftler einen Mangel an geeigneten tiefen, strömungsberuhigten Winterstandorten.
Kontakt: Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Berlin
Zu Radiosendern: Frank Fredrich, Tel.: 0172 706 47 62; e-mail: fred@igb-berlin.de
Zum Stör: Jörn Geßner, Tel.: 030 641 81 626; e-mail: sturgeon@igb-berlin.de
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